Das BAföG wird 40 Jahre alt

Erfolgsstory mit Höhen und Tiefen

Thomas Gottschalk profitierte genau so davon wie Bundesbildungsministerin Annette Schavan oder die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast. Das Gesetz mit dem sperrigen Namen "Bundesausbildungsförderungsgesetz" wird am Donnerstag 40 Jahre alt.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

"Ich komme aus einer Familie, die auf Hilfe des Sozialstaates angewiesen war und habe nur mit Bafög und Studienbeihilfe meine Ausbildung abschließen können", zitiert das Deutsche Studentenwerk (DSW) den TV-Moderator Gottschalk.



In den 40 Jahren haben nach Schätzungen mehr als vier Millionen Studenten und fast fünf Millionen Schüler BAföG erhalten. Die Ausgaben dafür summieren sich auf 62,7 Milliarden Euro, von denen der Bund 65 Prozent und die Länder 35 Prozent übernahmen. 2010 stieg die Zahl der Empfänger auf einen neuen Höchststand seit der Wiedervereinigung.



Verlässlichkeit und Chancengleichheit

Am Anfang stand eine Vision, die in Zeiten von Studiengebühren und Pisa-Schock immer noch aktuell ist: Verlässlichkeit und Chancengleichheit sollten in die Hochschulen einziehen. Mit dem Gesetz wollte die sozial-liberale Koalition 1971 die soziale Schieflage an den Unis beseitigen und auch Arbeiterkindern die Tür zu höheren Bildungsabschlüssen öffnen. "Jeder junge Mensch muss studieren können, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern." Deutschland sei zudem darauf angewiesen, "alle Bildungsreserven auszuschöpfen", betonte Kanzler Willy Brandt (SPD). Beide Ziele sind noch heute aktuell: In Deutschland nehmen nach dem aktuellen OECD-Bericht nur

43 Prozent der jungen Erwachsenen ein Studium auf. Der Durchschnitt aller OECD-Mitgliedstaaten liegt bei 56 Prozent.



Angefangen hat die wechselvolle Geschichte des Gesetzes bereits 1957: Seitdem wurden besonders Begabte aus einkommensschwachen Familien nach dem "Honnefer Modell" gefördert. Der Anteil der Arbeiterkinder unter den Studierenden erhöhte sich von vier Prozent 1953 auf 16 Prozent 1982. Doch das neue Bafög bereitete dem Finanzminister bald Kopfzerbrechen: 1972 erhielten 270.000 und damit fast die Hälfte aller Studierenden Ausbildungsförderung. Nach und nach wurden auch Auszubildende und Schüler anspruchsberechtigt. Da die Förderung als Vollzuschuss ohne Rückzahlung gewährt wurde, kostete das den Staat in den ersten drei Jahren 5,2 Milliarden Mark. Schon 1974 wurde deshalb die Schraube zurückgedreht: Das Bafög wurde trotz massiver Proteste zum Teil als Zuschuss und zum Teil als Darlehen gewährt.



Mehrere Reformen

Seitdem gleicht die Entwicklung einer Achterbahnfahrt: Zunächst sank die Zahl der Geförderten beständig. Der Tiefstand war 1998 mit nur noch 12,6 Prozent geförderten Studierende erreicht. Von 1983 bis 1990 wurde das BAföG nur noch komplett als zinsloses Darlehen vergeben. Dann wendete sich das Blatt: Seit 1990 wird es wieder halb als Zuschuss und halb als zinsloses Darlehen gewährt.



Im vergangenen Jahrzehnt haben alle Regierungen an Stellschrauben des Gesetzes gedreht: 2007 etwa einigte sich die große Koalition auf eine größere Anhebung der Fördersätze um 10 Prozent. 2010 beschloss die schwarz-gelbe Bundesregierung dann eine weitere Anhebung um maximal zwei Prozent und eine Erhöhung der BAföG-Freibeträge um drei Prozent. Dies führt dazu, dass Studierende maximal 670 Euro Bafög im Monat erhalten können.



"Dreiklang aus Bafög, Stipendien und ergänzenden Darlehensangeboten"

Für Schavan und das Studentenwerk bedeuten diese Entwicklungen eine Erfolgsgeschichte: Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der BAföG-Empfänger 2010 weiter um fünf Prozent oder 43.000 gestiegen: 916.000 Personen erhielten die staatliche Förderung, davon 592.000 Studierende und 324.000 Schüler. Das kostete Bund und Länder insgesamt 2,87 Milliarden Euro.



Das DSW macht sich seit langem für eine automatische Anpassung der Förderung an die Preissteigerungsrate stark. Schavan verweist darauf, dass es mittlerweile einen "Dreiklang aus BAföG, Stipendien und ergänzenden Darlehensangeboten" gebe. Damit sei die Bundesrepublik bei der Bildungsförderung auf dem richtigen Weg.