Daniel Mensahs ausgefallene Sargmode

Schöner sterben in Ghana

Der Fantasie für ungewöhnliche Särge sind im westafrikanischen Ghana keine Grenzen gesetzt - egal ob zwei Meter hohe Bierflasche oder riesiger Fisch. Daniel Mensah setzt alle Kundenwünsche für die Letzte Ruhe um.

"Hello Design Coffin Works" heißt die Werkstadt von Daniel Mensah / © Katrin Gänsler (KNA)
"Hello Design Coffin Works" heißt die Werkstadt von Daniel Mensah / © Katrin Gänsler ( KNA )

Daniel Mensah beobachtet die Besucher seines kleinen Ausstellungsraums ganz genau. Vor dem Gebäude, das gleichzeitig Wohnhaus der Familie ist, schlängeln sich am frühen Morgen unzählige Autos über die Hauptverkehrsstraße von Teshie, einem Küstenort, der an die ghanaische Hauptstadt Accra grenzt. Ständig wird gehupt.

Ananas, Bierflasche oder Föhn als Sarg

Mensah hat jedoch nur Augen für die Gäste - und feixt manchmal fast unmerklich, weil er sich vermutlich recht genau vorstellen kann, was sie gerade denken. Eine Ananas als Sarg, eine riesige Bierflasche oder gar ein Föhn? "Der Föhn passt doch prima zu einer Frisörin", sagt Mensah plötzlich, als ob er Gedanken lesen könnte. Der Sarg ist für den Künstler schließlich die Verbindung zwischen Leben und dem, was danach kommt.

Damit beschäftigt sich der Ghanaer, der heute zu den wenigen Sargkünstlern seines Heimatlandes gehört, schon seit 1984. Sein Vater entschied damals, dass er eine Lehre bei Paa Joe machen sollte. Der heute 70-jährige Paa Joe hat in Galerien auf der ganzen Welt ausgestellt. Das British Museum in London kaufte ihm einen Adlersarg ab.

"Hello Design Coffin Works"

2016 erschien der Film "Paa Joe und der Löwe". Bei ihm, erinnert sich Mensah, habe er viel gelernt und bemerkt, dass die Sargtischlerei ein "großartiger Job" sei. Nach 14 Jahren Ausbildung und als angestellter Schreiner entschied sich Mensah schließlich, seine eigene Werkstatt zu eröffnen. 2018 feiert "Hello Design Coffin Works" 20-jähriges Jubiläum.

So exotisch und glamourös die Holzkisten manchmal wirken, die nicht nur liebevoll geschreinert, sondern auch sorgfältig bemalt werden - so schwierig ist doch das Überleben als Künstler. Besucher, vor allem Gäste aus Europa, schauen sich die Exemplare zwar gern an. Doch die wenigsten kaufen einen solchen Sarg. Je nach Zeit- und Arbeitsaufwand liegt der Preis bei umgerechnet 1.000 Euro.

Kunstsarg nicht immer zugelassen

Ghana gilt zwar anders als seine Nachbarländer als Land mittleren Einkommens (MIC). Doch die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat dafür gesorgt, dass Mensah mitunter monatelang keinen einzigen Auftrag hatte. Das liegt allerdings auch daran, dass ein Kunstsarg nicht immer als letzte Ruhestätte zugelassen ist. Muslime beerdigen ihre Toten traditionell in Tüchern. Dennoch hat Daniel Mensah zwei Särge an muslimische Familien aus Nigeria verkauft. "Sie haben mir damals gesagt, die Tradition, jemanden im Holzsarg zu beerdigen, sei ihnen wichtiger als eine religiöse Vorschrift."

Bei ghanaischen Muslimen hat er das noch nie erlebt. Dabei gäbe es durchaus eine Möglichkeit, lacht er. "Man kann die Leiche doch auf dem Weg zum Friedhof in den Sarg legen und dann wieder herausnehmen", meint der Künstler. Aber nicht nur muslimische Gemeinden hätten Schwierigkeiten mit seinen Särgen. Auch längst nicht alle Kirchen akzeptierten sie. Vor allem über Cola- und Bierflaschen rümpften sie die Nase.

Sargkunst hat Tradition

In der Mitte des 20. Jahrhunderts machte die ethnische Gruppe der Ga, die rund um die Hauptstadt Accra entlang der Küste lebt, die aufwändig gestalteten Holzkisten bekannt. Sie gelten einerseits als Opfergaben für die Ahnen. Andererseits geht im Glauben der Ga das Leben nach dem Tod im Jenseits weiter und unterscheidet sich nicht so sehr vom irdischen. Daher stammt auch die Tradition, dass der Sarg häufig den Beruf des Toten symbolisiert - oder einen Wunsch, der zu Lebzeiten nicht erfüllt werden konnte. Da bis heute viele Ga Fischer sind, muss Daniel Mensah besonders häufig Boote oder Fische schreinern.

Setzt er diese Tradition fort, dann müsste seine letzte Ruhestätte eine riesige Säge werden. Darüber lacht er jedoch nur. Die Frage, wie er einmal bestattet werden möchte, hat er unzählige Male gehört und beantworten müssen. "Ich weiß es wirklich nicht. Ich halte es wie mit der Mode: Mein Geschmack ändert sich immer wieder."

Von Katrin Gänsler


Daniel Mensah, einer der bekanntesten Sargkünstler Ghanas, mit einem Sarg in Form eines Fotoapparates / © Katrin Gänsler (KNA)
Daniel Mensah, einer der bekanntesten Sargkünstler Ghanas, mit einem Sarg in Form eines Fotoapparates / © Katrin Gänsler ( KNA )

Fredrick Obeng (r.) ist Lehrling in der Werkstatt in Teshie / © Katrin Gänsler (KNA)
Fredrick Obeng (r.) ist Lehrling in der Werkstatt in Teshie / © Katrin Gänsler ( KNA )

Auch einen Sarg in Form eines Flugzeuges hat Daniel Mensah entworfen / © Katrin Gänsler (KNA)
Auch einen Sarg in Form eines Flugzeuges hat Daniel Mensah entworfen / © Katrin Gänsler ( KNA )
Quelle:
KNA