Chronologie zum Thema Missbrauch an katholischen Einrichtungen

Ein Skandal zieht Kreise

Seit Mitte Januar erschüttert der Missbrauchsskandal die katholische Kirche in Deutschland. Wichtige Stationen der Entwicklung aus den vergangenen Wochen im Überblick.

 (DR)

Mitte Januar 2010: Der Leiter des Canisius-Kollegs der Jesuiten in Berlin, Pater Klaus Mertes, informiert in Briefen rund 500 Schüler der «potenziell betroffenen» Abiturjahrgänge 1975 bis 1983 über mögliche Missbrauchsfälle. Er entschuldigt sich für «ein Wegschauen» im Lehrerkollegium und im Orden.

30. Januar: Mertes verweist in einem Zeitungsinterview auf strukturelle Probleme in der Kirche. Sie leide an «Homophobie» und habe sich beim Thema Sexualität vom realen Alltag weit entfernt.

1. Februar: Der ranghöchste deutsche Jesuit, Pater Stefan Dartmann, erklärt in Berlin, ihm seien bislang 25 Opfer bekannt. Außer den 20 Betroffenen am Canisius-Kolleg seien es 3 an der Hamburger St.-Ansgar-Schule und 2 Personen am Jesuitengymnasium in St. Blasien im Schwarzwald.

4. Februar: Auch am Bonner Aloisiuskolleg der Jesuiten gibt es Verdachtsfälle.

6. Februar: Laut einer vorab veröffentlichten Umfrage des Nachrichtenmagazins «Spiegel» wurde in der katholischen Kirche Deutschlands seit 1995 gegen 97 Priester und Laien wegen sexuellen Missbrauchs ermittelt.

8. Februar: Papst Benedikt XVI. verurteilt sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester.

9. Februar: Pater Theo Schneider legt sein Amt als Rektor am Aloisiuskolleg «im Interesse einer lückenlosen Aufklärung» nieder.

16. Februar: Der Augsburger Bischof Walter Mixa führt den Missbrauch auch auf die zunehmende Sexualisierung des öffentlichen Lebens seit
1968 zurück.

18. Februar: Nach Angaben der Missbrauchs-Beauftragten der Jesuiten, der Berliner Rechtsanwältin Ursula Raue, haben sich bei ihr bundesweit rund 115 Opfer gemeldet und 12 Täter namentlich genannt.

22. Februar: Die Bischöfe entschuldigen sich zum Auftakt ihrer Frühjahrsvollversammlung wegen der Missbrauchsfälle. Ehemalige Schüler des Benediktinergymnasiums Ettal erheben gegenüber zwei Ordensleuten und einem weltlichen Erzieher Vorwürfe wegen Missbrauchs.

23. Februar: Nach dem von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geäußerten Vorwurf der mangelnden Rechtstreue der Kirche fordert die Bischofskonferenz ultimativ eine Korrektur.

25. Februar: Die Bischofskonferenz beschließt bei ihrer Vollversammlung einen Vier-Punkte-Plan, um Missbrauch in der Kirche konsequent aufzudecken. So sollen die Richtlinien von 2002 überarbeitet und die Priesterausbildung überprüft werden. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wird Sonderbeauftragter für sexuelle Missbrauchsfälle.

26. Februar: Der Schulleiter des Ettaler Gymnasiums und Prior der Benediktinerabtei, Pater Maurus Kraß, tritt zurück. Am 24. Februar hatte auch Abt Barnabas Bögle auf Druck der Erzdiözese München sein Amt niedergelegt.

28. Februar: Erzbischof Robert Zollitsch hält einen Runden Tisch für alle gesellschaftlich relevanten Gruppen für sinnvoll. Einen Runden Tisch nur für die katholische Kirche lehnt er dagegen ab.

2. März: Die Staatsanwälte ermitteln wegen Missbrauch vor Ort in Ettal.

5. März: In Ettal gab es nicht nur sexuellen Missbrauch, sondern über Jahre extreme Gewalt gegenüber Schülern. Der Sonderermittler spricht von mehr als zehn prügelnden Patres. Die Zahl der Opfer bezifferte er auf rund 100.

6. März: Kurienkardinal Walter Kasper reagiert mit «tiefer Enttäuschung» und «großem Zorn» auf die Missbrauchsfälle. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD), Nikolaus Schneider, würdigt die Anstrengungen der katholischen Kirche um Aufarbeitung.

7. März: Leutheusser-Schnarrenberger fordert einen Runden Tisch allein zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche.

8. März: Vertreter der Bundesregierung und der Opposition fordern finanzielle Entschädigungen für Missbrauchsopfer.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) lädt Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Gruppen zu einem Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch an.

9. März: Der Vatikan lobt die Bischofskonferenzen und Ordensleitungen in Deutschland und Österreich, sie hätten unverzüglich und entschlossen reagiert.