Christliche Hardliner im Internet

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Als rückwärtsgewandt und ultrakonservativ bezeichnen Kritiker die Ansichten der Piusbruderschaft. Doch im Internet präsentiert sich die traditionalistische Gruppe, die derzeit wieder mit ihren kirchenamtlich unerlaubten Priesterweihen in den Schlagzeilen steht, auf der Höhe der Zeit. Und dort sind sie nicht die einzigen Hardliner am konservativen Rand der katholischen Kirche.

Autor/in:
Joachim Heinz
kreuz.net: Nachrichtenportal, das vor antisemitischen Beschimpfungen nicht zurückschreckt (DR)
kreuz.net: Nachrichtenportal, das vor antisemitischen Beschimpfungen nicht zurückschreckt / ( DR )

Mit mindestens 25 eigenen Homepages beweist die umstrittene Vereinigung, dass sie die neuen Medien für ihre eigenen Zwecke sehr wohl zu nutzen weiß.

Dabei sind die Piusbrüder beileibe nicht die einzigen Hardliner am konservativen Rand der katholischen Kirche, die das weltweite Netz als Forum mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten nutzen. "Die Szene breitete sich immer weiter aus", sagt der deutsche Vertreter des internationalen katholischen Mediendachverbandes SIGNIS, Joachim Opahle. Viele von ihnen gäben zudem unberechtigterweise vor, im Namen der Kirche zu publizieren. Von einer Internet-Zensur hält der Rundfunkbeauftragte des Erzbistums Berlin ausdrücklich nichts. Aber: "Die Bischöfe müssen sich dieser neuen Publikationskultur stellen, die manchmal auch eine Unkultur ist." Hier habe die Amtskirche trotz aller bisheriger Anstrengungen weiterhin Nachholbedarf, mahnt der Experte.

Anonyme Beschimpfunge und Gerüchte
Besonders verwerflich, so Opahle, seien Online-Auftritte, die mit anonymen Beschimpfungen und Gerüchten denunzierten und Unfrieden stifteten. Was das heißt, erlebte der Vizepräsident von SIGNIS-Europa unlängst am eigenen Leib. Nach kritischen Äußerungen über die Qualität von sogenannten privaten katholischen Internet-Seiten fand Opahle seinen Namen bei kreuz.net wieder, einem laut Eigenwerbung katholischen Nachrichtenportal, das auch vor antisemitischen Beschimpfungen nicht zurückschreckt.

Betreiber sind dem Impressum zufolge "Katholiken in Europa und Übersee, die hauptberuflich im kirchlichen Dienst tätig sind". Mit teilweise persönlich diffamierenden Beiträgen wendet sich diese Gruppe gegen vermeintlich liberale Tendenzen in der Amtskirche. Gerichtlichen Klagen wegen Verleumdung, Verletzung des Copyrights oder gar Volksverhetzung entziehen sich die Autoren, weil ihr Server weitab vom Zugriff europäischer Gerichte in Nordamerika angesiedelt ist.

Bestens informiert - und vernetzt
Dennoch räumt auch kreuz.net-Kritiker Opahle ein: "Die anonymen Autoren sind oft sehr gut informiert". Und offenbar sind sie auch bestens vernetzt. Diese Erfahrung machte kürzlich auch ein Optiker in München. Weil er in seinem Schaufenster eine Papstfigur zusammen mit Kondompackungen ausstellte, hagelte es binnen Kürze Proteste von streng gläubigen Katholiken, die sich durch diese provokante Inszenierung in ihren religiösen Überzeugungen beleidigt fühlten. Angestoßen wurde die Kampagne unter anderem auf kreuz.net - und auf der Homepage des deutschen Distrikts der Piusbruderschaft.

Nach dem Erlass von Papst Benedikt XVI. zur Wiederzulassung des tridentinischen Ritus benannt ist die Homepage von Summorum Pontificum. Unverholen freuen sich deren Macher darüber, dass die Vertreter der Amtskirche "die Deutungshoheit im Cyberspace längst verloren haben". Unter der Rubrik "katholische Öffentlichkeit" verweisen sie nur auf Seiten, "die nicht am Tropf der Kirchensteuer hängen".

Opahle: Das Feld nicht nur den anderen überlassen
In der Liste findet der User dann beispielsweise einen Link zur Seite von Pater Engelbert Recktenwald, Mitglied der vom Vatikan anerkannten Priesterbruderschaft Sankt Petrus, die sich 1988 von der Piusbruderschaft abgespalten hat. Auf seinem "Portal zur katholischen Geisteswelt" veröffentlicht Recktenwald unkommentiert Texte, in denen Homosexualität als heilbar dargestellt wird, oder Tipps zum sogenannten Homeschooling, also dem Heimunterricht von Kindern unter Umgehung der allgemeinen Schulpflicht.

Die Zusammenstellung der Suchbegriffe wirft ein Schlaglicht auf das ideelle Fundament der streng konservativen Kreise. Ob sich darin aber auch die katholische Geisteswelt in ausgewogener Weise widerspiegelt, halten Kritiker zumindest für fraglich. Umso erforderlicher sei es, dass die katholische Kirche dem etwas entgegensetze, so SIGNIS-Vertreter Opahle. "Ein Forum, mit dem wir Diskussionen anstoßen und das Feld nicht nur den anderen überlassen."