Christel Neudeck und ihr verstorbener Mann bekommen Staatspreis

"Ich fühlte mich sehr amputiert"

Er ist die höchste Auszeichnung Nordrhein-Westfalens, doch Rupert Neudeck konnte den Staatspreis NRW nicht mehr entgegennehmen. Eine schwierige Situation für seine Frau Christel, als sie am Mittwoch zur Preisverleihung erscheint.

Christel Neudeck (r) mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft / © Wolfram Kastl (dpa)
Christel Neudeck (r) mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft / © Wolfram Kastl ( dpa )

domradio.de: Wie war es für Sie diesen Preis entgegenzunehmen?

Christel Neudeck (Mitgründerin von Cap Anamur und Grünhelme): Zunächst war es etwas schwierig. Am Morgen fühlte ich mich sehr amputiert weil wir so etwas immer gemeinsam gemacht haben. Es ist auch eine große Chance und Ehre - das empfinden Rupert und ich so - dass wir solche Preise immer auch für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Cap Anamur und der Grünhelme angenommen haben, ohne die die Arbeit in den Projekten nicht möglich wäre. Aus diesem Grund habe ich den Preis auch gerne entgegengenommen.

domradio.de: Gab es da schon Reaktionen von denen?

Neudeck: Teile unserer Mitarbeiter waren bei der Verleihung dabei. Wir sehen uns als eine große Familie und gehören einfach zusammen. Der Preis freut also uns alle sehr. Wir sehen ihn als Chance unsere Arbeit ein bisschen darstellen zu können und vielleicht auch das darstellen zu können, was an Rupert besonders war. Er war sehr mutig und hat sich von niemandem Angst machen lassen, ohne dabei leichtsinnig zu sein. Seine Stärke war es, Themen auf den Punkt zu bringen. Genau das möchte die nächste Generation, die jetzt arbeitet, weiter so machen. Es ist eine große Freude, dass die das auch tun.

domradio.de: Ist die Auszeichnung ein Zeichen für mehr Hilfsbereitschaft?

Neudeck: Für mich ist es ganz wichtig, dass man sich nicht Angst machen lässt. Aus diesem Grund habe ich mich sehr über die Akzeptanz gegenüber dem muslimischen Schriftsteller Dzevad Karahasan gefreut, der die Laudatio halten durfte. Wer Karahasan kennt oder erlebt hat, der spürt, dass Muslime und Christen miteinander leben können. Die bosnischen Muslime und Christen leben gemeinsam. Diese Menschen leben wirklich miteinander und zeigen uns, dass es möglich ist. Es würde mich sehr freuen, wenn die Laudatio von Dzevad ein bisschen zu diesem Miteinander beitragen könnte. Es gibt einen barmherzigen Gott für uns alle, an den wir glauben.

domradio.de: Welche Botschaft hätte Ihr verstorbener Mann den Menschen bei der Auszeichnung mitgegeben?

Neudeck: Rupert hat immer nach vorne gesehen. Es ist also weniger eine Auszeichnung, die rückwärts geht. Was getan wurde, ist getan. Wir dürfen aber nicht auf diesem Stand stehen bleiben. Es macht unheimlich viel Freude, etwas zu tun. Es ist viel einfacher, etwas zu geben, als selbst um etwas bitten zu müssen. Nach Ruperts Tod habe ich Berge an Briefen von ehemaligen Mitarbeitern bekommen, die viel gegeben haben. Es war manchmal gefährlich und anstrengend. Dennoch haben sie mir alle mitgeteilt, dass dieser Einsatz ihrem Leben eine positive Richtung gegeben hat. Das hat mir bestätigt, dass Geben einen "reicher" macht. Dazu möchte ich alle Hörerinnen und Hörer auffordern. Ganz viele Ehrenamtliche helfen bereits, ohne Angst zu haben. Mich würde es schon freuen, wenn man mehr über das Positive berichten würde, als über den Quatsch, den Frauke Petri oder sonst wer gesagt haben.

Das Interview führte Silvia Ochlast.


Quelle:
DR