Chaos Computer Club will Wahlmaschinen verbieten lassen

Manipulationsgefahr?

Der Chaos Computer Club (CCC) will beim Hessischen Staatsgerichtshof ein Verbot von Wahlmaschinen bei der Landtagswahl am 27. Januar erreichen. Eine Wahlberechtigte habe dazu für ihn am Freitag den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet. Die Computer-Experten sehen darin drei Grundsätze des Wahlrechts verletzt: die Öffentlichkeit, Amtlichkeit und die Gleichheit der Wahl. Bei der Landtagswahl wollen acht hessische Städte und Gemeinden Wahlmaschinen einsetzen; mit ihnen sollen gut 100 000 der 4,37 Millionen Wahlberechtigten abstimmen.

 (DR)

Für den Fall, dass der Staatsgerichtshof die Geräte bei der Wahl zulässt, kündigt der Klagevertreter an, es gebe "dutzende Freiwillige, die nach der Wahl Einspruch gegen die Abstimmung einreichen würden".

Nach Angaben des Computerclubs unterstützen 45.000 Menschen die Aktion. "Wir waren überrascht, dass viele von ihnen auch mit Geldspenden die Anti-Wahlcomputer-Kampagne unterstützen", so CCC-Sprecher Dirk Engling.

Der Gang zum Gericht sei notwendig geworden, da die hessische Landesregierung offenbar nicht über den nötigen Sachverstand verfüge, die technischen Unsicherheiten und Transparenzmängel der Wahlcomputer zu verstehen und daraus die Konsequenzen zu ziehen, schreibt der CCC auf seiner Internetseite.

Situation in Holland anders?
Wahlmaschinen sind in die Kritik geraten, seit es Hackern in den Niederlanden gelungen ist, die Geräte bei einer Testwahl zu manipulieren. Die niederländische Regierung hat Ende September den Einsatz der Maschinen gestoppt.

Das niederländische Gutachten sei auf Deutschland nicht ohne weiteres übertragbar, argumentiert das Bundesinnenministerium in Berlin. Die niederländische Kommission hätte die Verwendung von Wahlgeräten nicht aufgrund technischer Unsicherheit abgelehnt, sondern das Wahlverfahren in den Niederlanden als Maßstab genommen. So hielt die Kommission zwar auf der einen Seite die Wahl mit Stimmzetteln im Wahllokal für am besten mit den Wahlrechtsgrundsätzen vereinbar, hätte aber andererseits in Fällen von Krankheit oder Auslandsaufenthalt die Stimmabgabe per Stellvertreter, Internet oder Telefon empfohlen, was nach deutschem Rechtsverständnis auch in Ausnahmefällen wegen der Manipulationsanfälligkeit und Verletzung des Wahlgeheimnisses ausgeschlossen wäre, so das Innenministerium.

"Es gibt keinen absoluten Schutz"
Das hessische Innenministerium hat die Verwendung der Maschinen für die Landtagswahl im Dezember genehmigt, nachdem der Hersteller die deutschen Maschinen nachgebessert hat. Die Software wurde verbessert und die Versiegelung der Elektronikeinheit durch den Hersteller geändert. Wahlgeräte und Speichermodule müssen jetzt dauerhaft versiegelt oder verplombt und unter Verschluss gelagert werden. Zusätzlich wurden zum Schutz vor der Verletzung des Wahlgeheimnisses künstliche, softwareinitiierte Verrauschungen vorgenommen, damit die Rechner nicht abgehört werden können. Der CCC-Sprecher Engling bezeichnet die Änderungen als, "unsinnigen, zeitraubenden und teuren Schildbürgerstreich"
Einen absoluten technischen Schutz vor Wahlmanipulationen wird es nie geben, argumentiert dagegen das Bundesinnenministerium in einer Pressemitteilung. Jede Art der Wahl sei theoretisch manipulierbar, insbesondere wenn man - wie die Wahlgerätekritiker - von einem Innentäter ausgehe, der über genügend finanzielle Mittel, technisches Know-how, Mittäter und ausreichend kriminelle Energie verfüge. Technische Maßnahmen allein gewährleisteten keine hinreichende Sicherheit. Ein weiteres wichtiges Mittel gegen Manipulationen sei aber zum Beispiel auch die dezentrale Organisation einer Wahl. Ohne ein gewisses Maß an Vertrauen in die Verantwortlichen ließen sich Wahlen nicht organisieren, so das Innenministerium.