CETA: Wie geht es weiter mit dem Freihandelsabkommen?

"Es werden die Falschen privilegiert"

CETA kann kommen - aber mit Einschränkungen, das hat am Donnerstag das Bundesverfassungsgericht entschieden. Warum die Gegner zufrieden sind, erklärt Sven Hilbig von Brot für die Welt, die sich ebenfalls gegen das Abkommen stellen.

Protest gegen Freihandelsabkommen CETA / © Martin Schutt (dpa)
Protest gegen Freihandelsabkommen CETA / © Martin Schutt ( dpa )

domradio.de:  Das Bundesverfassungsgericht hat den Weg für CETA freigemacht - das Ganze allerdings an Bedingungen geknüpft. Was sind das für Bedingungen?

Sven Hilbig ("Brot für die Welt"): Das Bundesverfassungsgericht hat verschiedene Bedingungen gestellt. Ende Oktober ist der EU-Kanadagipfel. Hier wird wahrscheinlich die Entscheidung gefällt, das Abkommen zu unterzeichnen. Der Staatenbund EU hat aber nur die Kompetenzen für Handelsfragen Das heißt die Entscheidung betrifft in dem Fall nur den Bereich der Handelsfragen. Fragen, die in die Zuständigkeit der Nationalstaaten fallen, dürfen nicht angewandt werden.

domradio.de: Dazu zählen etwa Fragen des geistigen Eigentums, des Seeverkehrs und der Streitbeilegung. Können Sie als CETA-Gegner mit dieser Lösung leben?

Hilbig: Es ist ein kleiner Erfolg, der uns da gelungen ist. Wir müssen jetzt abwarten, wie das nächste Prozedere abläuft und ob CETA zu Stande kommt. Das EU-Parlament und die einzelnen Parlamente müssen über das Abkommen ja noch abstimmen. Wir von Brot für die Welt hoffen natürlich, dass CETA nicht zu Stande kommt, weil es für die Entwicklungsländer ein Rückschritt wäre.

domradio.de: Befürworter des Abkommens sagen: "Das wird uns in Europa, gerade auch in den Problemländern im Süden der Union, Arbeitsplätze sichern...." Was sagen Sie dazu?

Hilbig: Alle Untersuchungen von Wirtschaftsforschungsinstituten zeigen, dass bei beiden Abkommen CETA und TTIP die Auswirkungen hier relativ gering sind, weil Kanada kein wichtiger Wirtschaftspartner der EU ist. Umgekehrt ist es etwas anders. Nach Prognosen von Wirtschaftsforschungsinstituten wird mit  durchschnittlich zusätzlichen 60 Euro Einnahmen pro Jahr gerechnet. Damit wird der Wohlstand nicht stark wachsen.

domradio.de: Weiteres Argument der Befürworter: "Wenn wir den Handel mit Kanada nicht vorantreiben, dann schnappt uns am Ende wieder China die Geschäfte vor der Nase weg!" Ist das in Ihren Augen kein berechtigter Ansatz?

Hilbig: Wir von Brot für die Welt gucken natürlich aus der südlichen Perspektive auf dieses Abkommen. Daher sind wir für Abkommen, die auch gerade Entwicklungsländern einen Zugang zu Industriestaaten ermöglichen. Das ist das große Problem der Handelspolitik der letzten 20 bis 30 Jahre. Wir wissen, wenn sich zwei große Staaten - wie hier Kanada und der Staatenbund EU - sich neue Privilegien einräumen, dass andere Staaten zu kurz kommen.

domradio.de: Wie viele andere wünschen Sie sich eine zukunftsfähige, nachhaltige Handelspolitik. Auf den Punkt gesagt - was wären die wichtigsten Prinzipien einer solchen Handelspolitik?

Hilbig: Bei einer fairen Handelspolitik müsste Staaten, die benachteiligt sind, bevorzugt werden. Diejenigen, die privilegiert sind, müssen nicht weiter privilegiert werden.

Das Interview führte Silvia Ochlast.


Quelle:
DR