Caritas-Referentin warnt vor Halluzinogenen

"Selbstverantwortung ist gewünscht"

Vor 80 Jahren erfand der Schweizer Chemiker Albert Hofmann die Droge LSD, die ursprünglich zur Kreislaufstabilisierung eingesetzt werden sollte. Angelika Schels-Bernards ordnet dies und die Legalisierung von Cannabis ein.

Symbolbild Drogen / © monticello (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wie hat man sich diese Droge LSD vorzustellen, wie wirkt sie?

Angelika Schels-Bernards (Referentin für Sucht- und Aidshilfe beim Diözesan-Caritasverband): LSD ist eines der stärksten Halluzinogene, die wir haben. Halluzinogene sind Substanzen, die das Seelenleben und Sinneswahrnehmungen ganz stark verändern, wie andere Drogen auch. Man kann sich das so vorstellen, dass LSD wie so ein Nachschlüssel des körpereigenen Serotonins ist, also des Glückshormons.

DOMRADIO.DE: Haben Sie in Ihrer Beratungspraxis mit dieser Droge zu tun?

Schels-Bernards: Wir haben in der Beratung tatsächlich hin und wieder mit LSD zu tun. Wir hatten in den 1990er Jahren eine Art Renaissance im Kontext der Techno- und Goa-Szene. Es ist aber so, dass die Menschen in der Regel nicht wegen einer LSD-Abhängigkeit die Beratungsstellen aufsuchen. Aber die Droge taucht häufig im Kontext vom Mischkonsumverhalten auf.

Angelika Schels-Bernards (Referentin für Sucht- und Aidshilfe beim Diözesan-Caritasverband)

"Angstzustände und Psychosen bilden sich aus"

DOMRADIO.DE: Welche Gefahren birgt denn der Konsum von LSD?

Schels-Bernards: Es heißt, LSD macht nicht körperlich abhängig, kann aber sehr wohl psychisch abhängig machen. Das Problem beim LSD-Konsum ist, dass es ein Gefühls-Verstärker ist. Das heißt, bei einer negativen Grundstimmung kann das Rauschempfinden plötzlich umschlagen in Angstgefühle und Panik und es wird meist unmöglich, Rausch und Wirklichkeit auseinanderzuhalten. In diesem Fall wird von sogenannten Horror-Trips gesprochen. Die größte Gefahr liegt meiner Einschätzung nach darin, dass sich auch Angstzustände und Psychosen ausbilden können, die ein Leben lang behandlungsbedürftig sind.

DOMRADIO.DE: Der Entdecker des Rauschmittels, Albert Hofmann, der war ja damals überzeugt vom Heilmittel-Potenzial dieses Wirkstoffes. Ein Forscherteam hat erst vor einigen Tagen Ergebnisse einer Studie vorgelegt, in der die therapeutische Wirkung von LSD untersucht wurde. Die Ergebnisse sind überaus vielversprechend. Ist LSD nun eine Horror-Droge oder ein Wundermittel?

Schels-Bernards: Als Wundermittel würde ich es nicht betrachten. Es ist bekannt, dass es in therapeutischen Dosen – wie viele Wirkstoffe auch – durchaus positive Effekte haben kann. Das ist aber nicht vergleichbar mit dem Konsum in Partykontexten oder ähnlichem. Die Dosis macht's wie bei jeder anderen Droge ohne Substanz.

Angelika Schels-Bernards (Referentin für Sucht- und Aidshilfe beim Diözesan-Caritasverband)

"Im ersten Moment wirkt die Selbstverantwortung beunruhigend"

DOMRADIO.DE: Eine weitere Droge ist dieser Tage in aller Munde: Cannabis. Vor einigen Tagen haben Gesundheitsminister Lauterbach und Agrarminister Özdemir Pläne zur teilweisen Cannabis-Legalisierung in Deutschland vorgestellt. Sie sehen zwei Säulen vor und diese sind weniger weitreichend als ursprünglich geplant. Wie bewerten Sie diesen neuen Vorstoß?

Schels-Bernards: Grundsätzlich ist es gut, dass es endlich vorangeht. Es hat im Vorfeld dieser Umsetzung einen großen Konsultationsprozess gegeben, bei dem alle Interessengruppen gefragt wurden und sich ganz deutlich das Bild abzeichnet, dass die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene sicherlich ein guter Weg ist.

Man löst hier das Problem des legalen Anbaus, indem der einfach an die Konsumierenden delegiert wird. Das mag im ersten Moment nach etwas viel Selbstverantwortung wirken und ist etwas beunruhigend. Insgesamt ist diese Selbstverantwortung aber gewollt und gewünscht.

DOMRADIO.DE: Dennoch gibt es viel Kritik und die Frage, wie Kinder in Zukunft vor dieser Droge geschützt werden können. So kritisierte beispielsweise der CDU-Generalsekretär Mario Czaja in dieser Woche das Reformvorhaben. Teilen Sie diese Bedenken?

Schels-Bernards: Was mir fehlt, sind Aktionspläne zur Suchtvorbeugung und eine gleichzeitige Stärkung der Suchthilfe und des Suchthilfesystems. In NRW ist das immer noch eine freiwillige Leistung der Kommunen.

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen hat ja schon vor Jahren die Einrichtung einer Enquete-Kommission gefordert. Das bedeutet eine Beteiligung der Fachverbände und von Experten, die die Entwicklung mit fachlicher Expertise begleiten, so dass während der Umsetzung des Prozesses hier und da schon nachgesteuert werden kann.

Es wird auch die Zulassung von essbaren Cannabis-Produkten geprüft. Das würde ich aus Jugendschutz-Gründen jedoch von vornherein ausschließen.

Das Interview führte Moritz Dege.

Quelle:
DR