Caritas Köln sucht nach Lösungen für arme Leute

Sie können ihren Frust loswerden

Der Caritasverband der Erzdiözese Köln trifft Menschen, die von Armut betroffen sind, um über deren Probleme zu sprechen und um Lobbyarbeit für sie zu betreiben. Michaela Hofmann erklärt, welche Probleme es mit den Behörden gibt.

Bei der Essensausgabe, sagt Michaela Hofmann, müssen die armen Leute jedes mal wieder ihre Bedürftigkeit nachweisen, das sei eine zusätzliche Beschämung für die Menschen. / © Harald Oppitz (KNA)
Bei der Essensausgabe, sagt Michaela Hofmann, müssen die armen Leute jedes mal wieder ihre Bedürftigkeit nachweisen, das sei eine zusätzliche Beschämung für die Menschen. / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was ist Ziel dieses Treffens?

Michaela Hofmann (Diözesan-Caritasverband Erzbistum Köln)

Michaela Hofmann (Referentin für Allgemeine Sozialberatung und Armutsfragen im Diözesanen Caritasverband des Erzbistums Köln): Das Ziel ist, die Menschen sprechen zu lassen, dass sie ihren Frust loswerden können, über diese ganzen Behördengänge, die nicht funktionieren, den Frust über die Politik, die ihnen manchmal zuhört, dann aber nichts tut. Und es geht darum, neue Forderungen und Lösungen für bestimmte Themen zu entwickeln.

DOMRADIO.DE: Über welche Themen haben Sie heute Morgen schon gesprochen?

Hofmann: Über das Wohnen, die Wohnungslosigkeit, die Diskriminierung am Wohnungsmarkt, über das Deutschlandticket, das für die Leute viel zu teuer ist. Also über Mobilität, über Teilhabe am normalen gesellschaftlichen Leben, die Regelsätze und auch über diese wenigen Möglichkeiten, sich doch auch zusammenschließen und eine Vertretung bilden zu können, weil einfach das Geld fehlt.

DOMRADIO.DE: Warum ist es so wichtig, die Anregungen der Menschen mit Armutserfahrungen aufzugreifen?

Michaela Hofmann

"Immer fragt die Politik Praktiker welche Lösungswege sie sehen würden. Bei Menschen, die von Armut betroffen sind, macht sie das nicht."

Hofmann: Wenn es um Energie geht, dann lädt die Politik sich Energieversorger ein, wenn es um Handwerker geht lädt die Politik sich genauso Menschen ein, die mit der Praxis zu tun haben. Immer fragt die Politik Praktiker, welche Lösungswege sie sehen würden. Bei Menschen, die von Armut betroffen sind, macht sie das nicht.

Aber das sind diejenigen, die tagtäglich damit zu tun haben und sie kennen oft auch viele kleine Stellschrauben, an denen man die Dinge verbessern könnte. Und da wären sicherlich auch Lösungsansätze für die Politik dabei. Deshalb ist es so wichtig, die Menschen einzuladen und immer wieder zusammenzukommen.

DOMRADIO.DE: Sind es immer wieder dieselben Themen, die von denen aufgegriffen werden?

Hofmann: Es sind immer wieder die gleichen Themen: dass das Geld nicht reicht, dass die Regelsätze zu niedrig sind, dass die Behörden nicht zugänglich sind, dass man häufig Termine über ein Onlineportal machen muss, dass man die Sachbearbeiter nicht erreichen kann, dass man nicht von A nach B kommt, weil die Tickets zu teuer sind. Diese Themen sind virulent und es ist in den ganzen Jahren niemals geglückt, dafür Lösungen zu finden, die tragfähig sind.

DOMRADIO.DE: Wer mit den Menschen über ihre Erfahrung zum Beispiel bei Lebensmittel-Ausgaben spricht, bekommt einen neuen Blickwinkel. Warum sind Lebensmittel-Ausgaben umstritten?

Michaela Hofmann

"Sie müssen jedes mal wieder ihre Bedürftigkeit nachweisen, was eine zusätzlich Beschämung für die Menschen ist."

Hofmann: Die sind umstritten, weil sie die Menschen so abhängig machen. Wenn die Leute genügend Geld im Portemonnaie hätten, würden viele nicht zur Lebensmittelausgabe gehen. Vielleicht würden sie dahingehen, weil sie sich daran beteiligen möchten, dass Lebensmittel nicht weggeworfen werden. Aber so können sie sich nicht entscheiden und müssen jedes Mal wieder ihre Bedürftigkeit nachweisen, was eine zusätzlich Beschämung für die Menschen ist.

DOMRADIO.DE: Was sind die Themen, für die Sie heute konkret nach Lösungen suchen?

Hofmann: Wir suchen nach Lösungen für das Deutschlandticket, für die Bewegung im öffentlichen Raum, dafür wie das günstiger wird für die Leute, dafür wie wir besser mit der Politik ins Gespräch kommen können, um nach Lösungen zu suchen, die sich dann in Gesetzen oder in Richtlinien wiederfinden. Und wir versuchen die Politik dazu zu bewegen, über die Höhe der Regelsätze noch einmal nachzudenken.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR