Caritas Essen baut Flüchtlingsdorf im Nordirak

Container zu Schnäppchenpreisen

Nach eineinhalb Jahren in Rohbauten oder Zelten haben 400 jesidische Flüchtlinge im Nordirak ein festes Dach über dem Kopf mit Strom und Wasser. Möglich gemacht hat das die Caritas im Bistum Essen. Mitgeholfen hat Rudi Löffelsend.

Jesidische Flüchtlinge / © Stefanie Järkel (dpa)
Jesidische Flüchtlinge / © Stefanie Järkel ( dpa )

domradio.de: Wer sind denn die Glücklichen, die in dieses Dorf einziehen dürfen?

Rudi Löffelsend (Caritas Flüchtlingshilfe in Essen): In diesem Falle sind das ausschließlich jesidische Familien. Sie haben im letzten Jahr und bis jetzt besonders viel Pech gehabt und müssen unter ganz schlechten Bedingungen nach ihrer Flucht und Vertreibung und Wiederrückkehr leben - in Rohbauten, in Abbruchhäusern. Da haben wir gesagt, da müssen wir am dringendsten was tun.

domradio.de: Wie sieht denn so ein Dorf aus? Da soll es sogar eine Bäckerei geben?

Löffelsend: Das Gelände ist im Grunde aufbereitet für zweitausend Container mit einer Superinfrastruktur, was wir sonst bisher nicht erlebt haben, mit unterirdischem Zu- und Abwasser für jeden Container mit festen Wegen und mit Elektrizität.

domradio.de: Wie wurde das Dorf denn aufgebaut? Womit haben Sie begonnen?

Löffelsend: Wir haben erst einmal geguckt, wo ist die Gruppe, die am schlechtesten dran ist. Es sind normalerweise sehr stark die Christen gewesen, aber in dem Falle waren es in dieser Region im Nordirak die Jesiden. Dann haben wir mit der Regionalregierung Kontakt aufgenommen, die sagte, sie bauen die Infrastruktur für eine große Anlage für insgesamt 2000 Container. Dann haben wir im Irak einen Hersteller für Container gefunden, der wirklich superbillig war, die Preise darf man in Deutschland gar nicht nennen: 5000 Euro pro Container mit zwei Zimmern und einer Sanitärkabine. Im Moment haben wir 62 Container, im Januar werden wir direkt zehn nachordern, weil wir jetzt wieder gut Geld bekommen haben. Dass wir das also so langsam vergrößern können. Insgesamt gehen da 2000 Container hin, bisher stehen 400, weil noch eine andere Organisation sich da reingehängt hat. 

domradio.de: Wie sieht denn die Gesamtsituation aus, ist die ebenso hoffnungsfroh?

Löffelsend: Nein, hoffnungslos im Grunde. Das Problem ist, dass seit dem Sommer die UN, also vorallen Dingen das Welternährungsprogramm immer weiter seine Monatsrationen für die Leute an Verpflegung kürzen musste, weil sie einfach kein Geld mehr hatten. Das war einer der wichtigsten Anlässe für eine unheimliche Welle von Flüchtlingen, weil die Perspektivlosigkeit noch einmal verstärkt worden ist. Mit zwölf Dollar im Monat pro Person können sie keine Familie am Leben halten. Das ist jetzt wieder etwas besser geworden, aber es haben schon eine große Menge an Leuten einfach die Flucht angetreten, was ich auch verstehen kann. Die Jesiden sind da etwas anders, weil sie nah dran an ihren früheren Wohnorten im Camp leben und Teile inzwischen auch zurückerobert wurden von den Peschmerga. Viele wollten schon zurück, aber das geht noch nicht. Aber wir haben die Hoffnung, dass sie im Frühjahr, wenn Minen geräumt sind, auch zum Teil in ihre Dörfer zurückkehren. Sie könnten theoretisch auch die Container mitnehmen, das könnten wir besorgen.

Das Interview führte Christian Schlegel.


Quelle:
DR