BWV 125

Dritter Fastensonntag

Die heutige Kantate ist als Choralkantate im Frühjahr 1725 entstanden. Choralkantate bedeutet, dass sich Johann Sebastian Bach einen bekannten Kirchenchoral zur textlichen Grundlage seiner Komposition wählt. Am heutigen Sonntag ist es das Lied "Mit Fried und Freud ich fahr dahin". Und dieses Kirchenlied wiederum beruht auf dem "Nunc dimittis", also dem Lobgesang des Simeon. Jesus wird von den Eltern in den Tempel gebracht, gemäß dem Gesetz. Im Tempel begegnen Sie Simeon, einem gerechten und frommen Mann, wie es im Evangelium heißt, der das Kind in seine Arme nimmt und Gott preist mit den Worten: "Nun lässt du Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast; ein Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für dein Volk Israel.

 (DR)

Entsprechend dieser inhaltlichen Aussage ist die Komposition gestaltet: Festlich, feierlich und alles in allem mehr als großartig. So zum Beispiel schon der Eingangssatz, in dem Querflöte und Oboe den Streichern gegenüber gestellt werden. Die Liedmelodie wird vom Sopran zeilenweise in langen Notenwerten zum eigenthematischen Orchestersatz vorgetragen.



Ebenfalls besonders schön gestaltet ist die folgende Alt-Arie. Querflöte und Oboe konzertieren in punktierten Rhythmen und in Terzenparallelen über einem ruhigen Continuosatz. Zahlreiche Verziehrungen und Ausschmückungen der Melodie lassen erkennen, dass Bach eine ausdrucksvolle Interpretation dieses Satzes besonders am Herzen lag. Inhaltlich wird in dieser Arie der Gedanke des Eingangssatzes fortgeführt: So wie Simeon will auch ich im Tode auf Jesus sehen; dann wird auch Jesus auf mich sehen und mir kein Leid geschehenlassen.



Satz 3 ist trotz ständigem Wechsel zwischen Rezitativ und Choral durchweg von einem Freudenmotiv der Streicher begleitet, wodurch zum Ausdruck kommen soll: Der Tod wird nun, da Jesus in die Welt gekommen ist, nicht mehr als schreckenerregend, sondern als erwünscht und beglückend empfunden.



Inhaltlich wird in diesem Satz die Erwähnung des Lichtes, das die Heiden erleuchtet, mit einer Anspielung auf das 16. Kapitel des Markus-Evangeliums verknüpft, in dem es heißt: "Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden". Der folgende 4. Satz stellt jetzt eine Verbindung zum Römerbrief dar und weist auf Gottes Gnadentat hin, wenn es heißt: "Wer glaubt, soll selig werden".



Ein Rezitativ leitet über zum Schlusschoral, einem einfachen vierstimmigen Chorsatz, der letzten Strophe des Liedes "Mit Fried und Freud fahr ich dahin", die Bach als abschließende Rahmenstrophe ans Ende seiner gleichnamigen Choralkantate setzt.  Hier noch einmal die Anknüpfung an den Lobgesang des Simeon, in dem es heißt: "Er ist das Heil und selig Licht für die Heiden, zu erleuchten, die dich kennen nicht, und zu weiden."



BWV 125 "Mit Fried und Freud ich fahr dahin".



Tölzer Knabenchor, Concentus musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.



Quelle/ Literatur: Alfred Dürr: Die Kantaten Johann Sebastian Bachs. Bärenreiter, 1995