BWV 121

Bachkantate am 26. Dezember 2007

Die Übertragung des altkirchlichen Hymnus "A solis ortus cardine" durch Martin Luther ins Deutsche liefert die Grundlage zur Textdichtung der Choralkantate, die Bach für den heutigen 2. Weihnachtstag komponiert hat. Uraufführung war der 26. Dezember 1724. Wie auch sonst bei den sogenannten Choralkantaten üblich, also den Kantaten, die als Grundlage einen Choral haben, werden Anfangs- und Schlussstrophe unverändert beibehalten, während die Mittelstrophen entsprechend umgearbeitet und in die Kantate eingebaut werden.

 (DR)

Die erste Hälfte der Kantate besingt das unfassbare Wunder der Geburt des Gottessohnes; die zweite Hälfte, also die Sätze vier bis sechs, enthält die Antwort des Menschen, der sich anbetend zur Krippe wendet.

Die Weise des gewählten Chorals muss schon zu Bachs Zeiten sehr altertümlich geklungen haben, denn sie stellt zwar eine vereinfachte Fassung der uralten Hymnusmelodie dar, übernimmt aber von dieser die verschleierten Tonalitätsverhältnisse. Der Beginn klingt wie die Kirchentonart dorisch, die Melodie schließt allerdings in der Kirchentonart phrygisch. Bachs Vertonung des Eingangssatzes unterstreicht diesen altertümlichen Eindruck durch seine Form als Choralmotette.

Mit Satz 2, der Tenor-Arie, beginnt der moderne Teil der Kantate. „O du von Gott erhöhte Kreatur, begreife nicht, nein, nein, bewundre nur: Gott will durch Fleisch des Fleisches Heil erwerben", so heißt es im Text.  Satz 3 ist als einfaches Rezitativ komponiert und müsste nicht besonders erwähnt werden, hätte Bach nicht am Ende die Worte „Um zu den Menschen sich mit wundervoller Art zu kehren" durch eine überaus kühne und überraschende harmonische Wendung interpretiert: Eine überraschende musikalische Wendung macht diese überraschende Hinwendung Gottes zu den Menschen hörbar:

Die Wendung auf die menschliche Spähre hin, zum Betrachter des Wunders, die dann der vierte Satz bringt, findet ihren Ausdruck auch in der Komposition. Die mit vollklingendem Streichersatz instrumentierte Baß-Arie ist das eingängigste Stück der Kantate:

Auch das zweite Rezitativ der Kantate, der fünfte Satz ist ein ganz einfach gehaltenes Rezitativ. Mit einem vierstimmigen Schlusschoral lässt Bach seine Kantate enden. Mit viel Geschick gelingt es ihm dabei, die kirchentonale Melodie in die Dur-Moll-Tonalität seiner Zeit zu fassen.

Eine engere Beziehung zu den Lesungen des Tages lässt sich bei dieser Kantate kaum aufzeigen. Doch deuten Wendungen wie „so will mein Herze.... zu deiner Krippen brünstig dringen" und „Doch wie erblickt es dich in deiner Krippen" darauf hin, dass der Tag in diesem Jahre wohl nicht als Stephanustag, sondern als 2. Weihnachtsfesttag mit der Lesung von den Hirten an der Krippe begangen wurde.

BWV 121: „Christum wir sollen loben schon".
Tölzer Knabenchor, Concentus musicus Wien, Leitung: Nikolaus Harnoncourt.

Quelle: Alfred Dürr: Die Kantaten von Johann Sebastian Bach. Bärenreiter 1995.