Buren-Siedlung in Südafrika will zu einer Stadt anwachsen

Nur für Weiße

Obwohl die Ära der Apartheid in Südafrika seit 1994 überwunden ist, leben in Orania ausschließlich weiße Nachfahren holländischer Siedler, der Buren. Mittlerweile zählt er 700 Einwohner, Tendenz steigend. Denn der Bürgermeister will, dass die Zahl der Bewohner auf mehr als 20.000 anwachsen lassen. Ein Besuch.

Autor/in:
Jean-Pierre Kapp
 (DR)

«An anderen Orten Südafrikas habe ich nicht einmal auf dem Friedhof Ruhe vor den Schwarzen», sagt der weiße südafrikanische Kaufmann Neville Brown. Für die Siedlung Orania schwärmt er ohne Unterlass. Carol Boshoff, der Schwiegersohn des früheren Premierministers und Vordenkers des Apartheid-Regimes, Hendrik Verwoerd, gründete den Ort in der Provinz Nordkap 1991.

Brown ist in die Siedlung gekommen, um sich zu erkundigen, ob er ein Stück Land und ein Haus erwerben kann. Um sicherzustellen, dass sich in dem Ort nur Weiße niederlassen, wurde das Land von einer privaten Gesellschaft erworben, die Anteilscheine nur an sorgfältig ausgesuchte Neuankömmlinge verkauft. Wer zuziehen will, muss weiß sein und Afrikaans, die Sprache der Buren, beherrschen. Selbst die Arbeitskräfte im Ort müssen weiß sein, deshalb gibt es kaum welche.
«Wenn Sie ein Haus kaufen, nehmen Sie ein kleines», empfiehlt Oranias Fremdenführer John Strydom dem Interessenten Brown. Denn er und seine Frau würden alle Arbeiten im Haus und Garten selbst verrichten müssen.

Die Ideologie der Orania-Gemeinschaft erinnert stark an die Zeit der Apartheid. Die Vorstellungen der Bewohner sind deshalb auch nicht mit der Politik der südafrikanischen Regierung vereinbar, die den Abbau der Rassenschranken als eines ihrer wichtigsten Ziele sieht. Trotzdem geht die Politik nicht gegen Orania vor. Vermutlich hält sie sich zurück, weil die Siedlung als ein Modell von Ewiggestrigen gilt, das früher oder später von selbst auslaufen wird.

Schon Nelson Mandela übte sich in Toleranz. Er stattete Orania sogar einen Besuch ab und traf dabei mit der Witwe Verwoerds zusammen, die ihre letzten Lebensjahre in der Buren-Hochburg verbrachte. Ihr Haus ist inzwischen zu einem Museum umgebaut und zeigt neben persönlichen Gegenständen des Ehepaars auch den blutigen Anzug, den Hendrik Verwoerd bei seiner Ermordung im Jahr 1966 im südafrikanischen Parlament trug.

Die tolerante Haltung der südafrikanischen Regierung könnte allerdings ins Wanken geraten, sollte die Buren-Gemeinschaft ihre ehrgeizigen Zukunftspläne ernsthaft umsetzen. Mit dem Kauf von neuem Land soll die Grundlage für eine Ausdehnung der Siedlung geschaffen werden. «In den nächsten 20 Jahren wird die Zahl der Bewohner auf mehr als 20.000 anwachsen», verkündet der De-Facto-Bürgermeister der Siedlung, Manie Opperman.

Seine Pläne könnten aufgehen, wenn sich die südafrikanische Regierung nicht querstellt. Der kleine Ort floriert. Die auf dem ehemaligen Gelände eines Elektrizitätswerks errichteten Höfe werfen mit dem Anbau und Verkauf von Nüssen gute Erträge ab. In den vergangenen Jahren sind auch Handwerksbetriebe entstanden, die ihre Waren im ganzen Land verkaufen.

Orania ist auch wegen seiner Sicherheit beliebt. Die Abgeschlossenheit der Buren-Siedlung und regelmäßige Patrouillen der Einwohner machen es möglich, dass die meisten Türen offen stehen und Kinder auf den Straßen spielen. In anderen Orten Südafrikas ist das undenkbar. Die Kriminalität in Orania konnte auch durch die Einführung einer eigenen Währung zurückgedrängt werden. Die Ora, wie die Währung heißt, kann nur in dem kleinen Ort benutzt werden und stellt damit kein interessantes Beutegut dar.

Den Schwarzen in den umliegenden Dörfern ist Orania ein Dorn im Auge. «Die sind intolerant und rassistisch wie alle Weißen zur Zeit der Apartheid», sagt Manto Mnyande, die am Rand des Ortes auf eine Mitfahrgelegenheit wartet. Die Straße R 369, die Colesberg mit Hopetown verbindet und mitten durch den Ort geht, konnte für Schwarze nicht gesperrt werden, wie es der Wunsch von Orania-Bürgern war.