"Gipfeldialog der Weltreligionen" im Allgäu

Bunte Betgemeinschaft in den Bergen

Vertreter von sechs verschiedenen Glaubensrichtungen treffen sich an diesem Wochenende im südbayerischen Oberstdorf zu einem "Gipfeldialog der Weltreligionen". Eine bestimmte Weltanschauungsgruppe wurde nicht eingeladen.

Autor/in:
Christopher Beschnitt
Blick über grüne Felder in den Allgäuer Alpen bei Oberstdorf / © Christopher Beschnitt (KNA)
Blick über grüne Felder in den Allgäuer Alpen bei Oberstdorf / © Christopher Beschnitt ( KNA )

Nein, "Obadoba" ist nicht etwa eine fernöstliche Meditationsformel, auch wenn's thematisch passen würde. "Obadoba" ist Allgäuerisch und heißt so viel wie "ganz oben, auf den Gipfel hinauf". Genau dahin begeben sich bald Vertreter von sechs Glaubensrichtungen: Sie kommen am Freitag und Samstag unter dem Titel "Obadoba - Gipfeldialog der Weltreligionen" im südbayerischen Oberstdorf und an der nahe gelegenen Mittelstation der Fellhorn-Bergbahn zusammen.

Katholische und evangelische Pfarrer sind ebenso dabei wie ein muslimischer Imam und ein buddhistischer Abt sowie Mitglieder von Judentum, Hinduismus und Bahai.

Die Idee dazu kommt von Michael Lucke und Stefan Topp, beide Geschäftsführer aus dem Allgäu. Topp erklärt: "Ich bin der Meinung, dass wir Menschen dringend unseren Umgang untereinander und mit der Natur auf eine andere Basis stellen müssen." Dafür seien Religionen zentral.

Vorurteilen und Ängsten begegnen

Den "in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals im Vordergrund stehenden trennenden Elementen sowie Vorurteilen und Ängsten" wolle man mit "Obadoba" begegnen. Er sei christlich aufgewachsen, so Topp. "Die Beschäftigung mit anderen Religionen half mir, die Lehre Christi besser zu verstehen sowie die bereichernden Unterschiede wie auch die tragenden gemeinsamen Ebenen wertzuschätzen."

Lucke fügt hinzu, er besuche seit Langem die "sehr stimmungsvollen" Dankgottesdienste im Gebirge. So sei er darauf gekommen, dass es eine schöne Idee wäre, "diesen weiten Ort" auch für andere Religionen zu öffnen. Die Berge seien dazu super geeignet, meint der Protestant. "Da kommt man dem Himmel näher als anderswo."

Als Experten haben die Initiatoren Martin Rötting gewonnen. Rötting ist Vorstandsvorsitzender des Instituts Occurso für interreligiöse und interkulturelle Begegnung in Freising und lehrt an der Uni Salzburg und der Ludwig-Maximilians-Universität München zum Thema Religion. Er sagt: "'Obadoba' lädt zu einem gesellschaftlichen Lernprozess durch die Begegnung der Religionen ein." Dies ermögliche eine Partnerschaft in kultureller und religiöser Diversität, was eine Basis fürs Zusammenleben schaffe. Als Katholik verweist er auf die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), anderen Religionen mit Achtung und Interesse zu begegnen.

Gebete in großer Höhe

Geplant ist nun ein für Interessierte offenes Programm am 13. und 14. Juli. Am ersten Tag findet ein Symposium im evangelischen Gemeindehaus in Oberstdorf statt - mit Vorträgen zu Themen wie "Religion und Spiritualität: Kitt oder Keil der Gesellschaft?" und Workshops zu Yoga und heilsamem Singen.

Am zweiten Tag lesen die Religionsvertreter an der Mittelstation der Fellhorn-Bahn in rund 1.700 Metern Höhe Texte, Segen und Gebete aus ihren heiligen Schriften vor. Als Symbol der Verbundenheit sollen die Teilnehmer am Ende gemeinsam bunte Bänder beschriften, verknüpfen und aufhängen.

Auch der bekannte katholische Mönch Notker Wolf kommt zu "Obadoba". Der frühere Abtprimas des Benediktinerordens nimmt im Vorfeld des Hauptprogramms vor geschlossenem Publikum an einem Gespräch über Erleuchtung teil. Wolf sagt, die "Obadoba"-Teilnehmer wollten Gemeinsamkeiten und verbindende Elemente der verschiedenen Glaubensrichtungen herausarbeiten.

"Dieser Gipfeldialog ist ein Mosaikstein zum Aufbau eines Zusammenlebens in Frieden und gemeinsamem Respekt." Miteinander zu leben mache demütig und ermögliche, die Lebenswelt des anderen zu kennen und zu achten.

Eine Gemeinschaft wurde nicht eingeladen

Doch wie wurde eigentlich ausgewählt, welche Lebenswelten bei "Obadoba" zusammenkommen? Mitorganisator Rötting antwortet, man habe die "üblichen Verdächtigen" der weltweit verbreiteten Religionen genommen. Bewusst nicht offiziell eingeladen worden sei indes der Diamantweg-Buddhismus.

Diese Gemeinschaft betreibt im Allgäu ein internationales Zentrum; ihr Führer fiel 2018 mit islamfeindlichen Sprüchen auf. Dies sei bis heute nicht aufgearbeitet, so Rötting. "Einzelne Anhänger sind uns aber willkommen."

Mit 1.000 bis 3.000 Teilnehmern rechnen die Veranstalter bei der "Obadoba"-Premiere. Ob das Projekt danach fortgesetzt wird, ist noch unklar.


Hand in Hand zum Gebet. / © vchal (shutterstock)
Quelle:
KNA