Bundeswehrverband zweifelt an EU-Mission - Misereor besorgt

Situation in Kongo spitzt sich zu

Der Bundeswehrverband zweifelt angesichts der jüngsten Kämpfe in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa im Nachhinein am Erfolg der europäischen Militärmission im Kongo. Verbandschef Bernhard Gertz sagte der "Mitteldeutschen Zeitung" aus Halle: "Es war möglicherweise doch wirkungslos, was wir da gemacht haben." Auch verschiedene Politiker äußerten sich beunruhigt. - Als überaus besorgniserregend bezeichnet das Hilfswerk MISEREOR die Situation in der Hauptstadt Kinshasa.

 (DR)

"Im schlimmsten Fall fällt der Kongo wieder ganz zurück"
Gertz fügte hinzu: "Eine vorübergehende Präsenz wirkt nicht nachhaltig. Man muss sich fragen, ob das Geld richtig investiert war." Der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der EUFOR-Mission hat dem Bericht zufolge 56 Millionen Euro gekostet.

Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Winfried Nachtwei, warnte in der Zeitung: "Im schlimmsten Fall könnte der Kongo wieder ganz zurück fallen." Nachtwei forderte die Europäische Union auf, sich für eine Stabilisierung der Lage einzusetzen. Die EU sei "in einer besonderen Verantwortung". Er habe seit dem Abzug von EUFOR "den Eindruck, dass sich die Bundesregierung wieder zunehmend vom Kongo abwendet".

FDP: Kongo sofort wieder auf die Agenda
Auch FDP-Sicherheitsexpertin Birgit Homburger äußert sich besorgt über die neuen Unruhen im Kongo. Das Land sei nach den Wahlen im vergangenen Jahr "viel zu schnell aus dem Fokus der EU geraten", kritisierte Homburger am Freitag in Berlin und forderte die EU auf, "die Situation in Kinshasa und der Demokratischen Republik Kongo sofort auf die Agenda zu setzen und schnell zu handeln".

Die Kämpfe zwischen der regulären Armee des Präsidenten Joseph Kabila und den Kämpfern um Jean-Pierre Bemba in Kinshasa zeigten in aller Deutlichkeit, dass Wahlen allein nicht ausreichten, um Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Stabilität und Sicherheit unwiderruflich zu verankern.

Bei Gefechten acht Tote
Bei schweren Gefechten zwischen kongolesischen Soldaten und Truppen des Oppositionsführers Jean-Pierre Bemba sind Berichten zufolge bis zum Freitagmorgen mindestens acht Menschen getötet worden, unter ihnen Zivilisten. Die Kämpfe dauerten am Freitag an. Augenzeugen berichteten, Raketen hätten am Morgen die staatlichen Öl-Reservoirs getroffen und in Brand gesetzt.

Die Straßen in Gombé im Zentrum der Millionenstadt, wo die Kämpfe am Donnerstag begonnen hatten, seien wie leergefegt. Bemba selbst floh in der Nacht in die südafrikanische Botschaft.

Als überaus besorgniserregend bezeichnen Partner des Bischöflichen Hilfswerk MISEREOR die derzeitige Situation in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa. In Telefonaten unmittelbar nach Bekanntwerden der dramatischen Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Oppositionsanhängern berichteten Mitarbeiter der kongolesischen Bischofskonferenz, aber auch deutsche Entwicklungshelfer, von schweren Kämpfen vor allem auf den Straßen um die Residenz des Oppositionsführers Jean-Pierre Bemba.

Misereor: Unterstützung beim Aufbau einer Nationalen Armee
"Kinder haben die Nacht in Schulen zubringen müssen, Gebäude kirchlicher Einrichtungen wurden beschossen,  eingesetzte Entwicklungsfachkräfte sowie Mitarbeiter von Partnerorganisationen können seit gestern ihre Büros nicht mehr verlassen, um nach Hause zu fahren", gibt MISEREOR-Länderreferent Raoul Bagopha, die Gespräche wieder. Die Situation in der Hauptstadt spitze sich zu. Zahlreiche kongolesische Partner forderten einen Sicherheitskorridor für die Evakuierung der Zivilpersonen aus dem unmittelbaren Kampfgebiet.

Voraussetzung für eine langfristige  Entschärfung des Konflikts sei die Wiederaufnahme des Dialog der Konfliktparteien unter Staatschef Kabila und Oppositionsführer Bemba. Die Partner forderten zudem ein stärkeres Engagement der Internationalen Gemeinschaft für die Bildung einer integralen, gut ausgebildeten nationalen Armee.

"Die Integration der Rebellen in eine nationale Armee ist aus unserer Sicht eines der zentralen Probleme, die nach der Wahl bislang nicht gelöst wurden", erläutert Raoul Bagopha. Die Erfahrung von MISEREOR in vielen Ländern zeige, dass bei internationalen Interventionen der politische und soziale Wiederaufbau oft längere Zeit in Anspruch nähme als erwartet, so Bagopha.

Jung nach Abzug: Mission war erfolgreich
Seit Ende Juli 2006 hatten rund 2000 Soldaten aus 18 europäischen Ländern geholfen, die ersten freien Wahlen im Kongo nach mehr als 40 Jahren abzusichern. Die letzten Bundeswehr-Soldaten kehrten vor Weihnachten zurück. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatte damals die viermonatige Militärmission im Kongo als überaus erfolgreich bezeichnet.

Kritiker hatten damals gewarnt, dass nach dem Ende des Einsatzes die Kämpfe zwischen Anhängern des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Jean-Pierre Bemba und denen des wiedergewählten Amtsinhabers Joseph Kabila wieder ausbrechen könnten.