Bundeswehr verzichtet auf "Bombodrom" - Ausbildung soll ins Ausland verlagert werden

Erfolgreicher Bürgerprotest

Nach rund 15-jährigem Rechtsstreit verzichtet die Bundeswehr auf die geplante militärische Nutzung des brandenburgischen Luft-Boden-Schießplatzes bei Wittstock. Man habe anerkennen müssen, dass "eine Realisierung von Wittstock für die Bundeswehr nicht mehr möglich ist", sagte Verteidigungsminister Franz Josef Jung am Donnerstag in Berlin. Die Bürgerinitiative "Freie Heide", die die Proteste gegen das "Bombodrom" maßgeblich angeführt hatte, nahm die Nachricht aus Berlin mit großem Jubel auf.

Autor/in:
André Spangenberg und Susann Fischer
 (DR)

Gegen das sogenannte Bombodrom an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gibt es seit fast zwei Jahrzehnten Proteste von Bürgerinitiativen. Erste Klagen stammen aus dem Jahr 1994, erste Urteile folgten zwei Jahre später. Mehrere Gerichtsurteile der jüngsten Zeit hatten die «Bombodrom»-Gegner in ihrer Auffassung unterstützt.

Die Luftwaffe will die auf dem sogenannten Bombodrom geplante Ausbildung von Piloten und Fliegerleitoffizieren nun ins Ausland verlagern. Jung betonte, der jetzt beschlossene Verzicht gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg Revision einzulegen, bedeute keine Anerkennung der Urteilsbegründung oder die Kritik der Gegner des Truppenübungsplatzes in der Kyritz-Ruppiner Heide. «Es wird in materieller Hinsicht weder den Kritikern noch dem Urteil recht gegeben», betonte der CDU-Politiker. Zuletzt hatte das OVG Berlin-Brandenburg im März in drei Berufungsverfahren entschieden, dass die Bundeswehr das Areal weiterhin nicht nutzen darf. Dabei hatten die Richter unter anderem auf gravierende Abwägungsfehler hingewiesen. Eines der Urteile lag dem Verteidigungsministerium seit einigen Wochen zur Bewertung vor. Es hätte bis Montag Zeit gehabt, Revision einzulegen.

Die Bundeswehr wollte das rund 12 000 Hektar große «Bombodrom» unter anderem für 1700 Tiefflug-Einsätze pro Jahr nutzen. Diese sollen nun an anderen Standorten im Ausland stattfinden, kündigte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, an. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass bereits jetzt ohnehin 75 Prozent der Flugübungen der Luftwaffe im Ausland stattfinden.

Jung betonte zugleich, dass mit dem Verzicht auf Wittstock die beiden anderen Übungsplätze in Westdeutschland - Nordhorn in Niedersachsen und Siegenburg in Bayern - «dauerhaft» gesichert werden müssten. Eine Verstärkung des Flugbetriebes solle es aber nicht geben. Dafür will die Bundeswehr die Übungsplanung ändern und unter anderem den italienischen Luftwaffenstützpunkt auf Sardinien stärker als bisher nutzen.

Die Bürgerinitiative «Freie Heide», die die Proteste gegen das «Bombodrom» maßgeblich angeführt hatte, nahm die Nachricht aus Berlin mit großem Jubel auf. «Das klingt richtig gut, wir freuen uns sehr», sagte Sprecher Benedikt Schirge. Die Region könne nun endlich aufatmen.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, die Region blicke jetzt einer «zivilen Zukunft» entgegen. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) begrüßte den Verzicht der Bundeswehr. Er freue sich, dass bei Jung und der Bundeswehr nach den jahrelangen politischen und juristischen Auseinandersetzungen endlich Einsicht eingetreten sei.

Für den 12. Juli hatte die Bürgerinitiative zu ihrer 113. Protestwanderung gegen das «Bombodrom» aufgerufen. nach der Entscheidung des Verteidigungsministeriums werde die Protestwanderung nun «zu einem Fest umfunktioniert», sagte Schirge. Richtig groß feiern will die Initiative dann noch einmal am 23. August - an diesem Tag vor 17 Jahren hatte sie sich gegründet.