Bundespräsident warnt vor "Schwarzmalerei" für 2009

Der Mutmacher aus Bellevue

Bundespräsident Horst Köhler hat die politisch Verantwortlichen aufgerufen, die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise nicht schlimmer zu reden als sie ist. "Ich halte nichts von Schwarzmalerei, auch nicht, wenn sie sich in historische Vergleiche hüllt. Wir erleben heute ein anderes Szenario als das der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre im 20. Jahrhundert", sagte Köhler am Donnerstag auf dem Neujahrsempfang für das Diplomatische Korps in Berlin.

 (DR)

Zur Überwindung der weltweiten Rezession gehört nach Überzeugung Köhlers eine systematische Aufarbeitung der Krisenursachen. Die internationale Staatengemeinschaft wisse um die Herausforderung und könne auf gemeinsamer Linie handeln. «Darauf können wir aufbauen», betonte das Staatsoberhaupt. Vier Punkte seien dabei wichtig: Erstens sollte als Konsequenz ein «neuer Ordnungsrahmen für die internationalen Finanzmärkte» geschaffen werden mit dem Internationalen Währungsfonds als Wächter der Stabilität des internationalen Währungssystems. Zweitens müsse ein politisches Verfahren dafür sorgen, dass weltweit «wirtschaftliche Ungleichgewichte» abgebaut werden. Dazu gehöre drittens eine «Entwicklungspolitik für den ganzen Planeten». Viertens sollte sich die Welt auf ein «gemeinsames Ethos» verständigen, auf einen Grundkonsens verbindlicher Werte.

«Die Dimension der Krise verlangt neues Denken», betonte Köhler. Neben einem abgestimmten Handeln der Staatengemeinschaft und einem Verzicht auf Protektionismus sollte das auf Bretton Woods beruhende Finanzsystem umgebaut werden. «Ich habe dazu ein neues Bretton Woods vorgeschlagen. Es könnte auch in China stattfinden», regte der Bundespräsident an.

«Die Chance der Krise ist die Schaffung einer neuen, kooperativen Weltordnung. Das ist der Auftrag, der sich aus der Verflechtung aller Staaten und Völker auf unserem Planeten ergibt», hob Köhler weiter hervor. Denn auch die mächtigsten Nationen müssten erkennen, dass sie ihre Interessen nicht im Alleingang durchsetzen können. «Nationale Interessen wie Sicherheit, Wohlstand und Stabilität lassen sich im 21. Jahrhundert nur durch eigene Anstrengungen und durch bessere Zusammenarbeit zwischen den Völkern verwirklichen.»

Vor den versammelten Diplomaten fügte der Bundespräsident hinzu: «Wir sollten begreifen, dass zur verantwortungsvollen Wahrnehmung staatlicher Souveränität heute nicht nur Verpflichtungen gegenüber den eigenen Staatsbürgern, sondern auch gegenüber anderen Staaten gehören.»

Perisset: Alle Staaten sind voneinander abhängig
Auch der Apostolische Nuntius in Deutschland und Doyen des Diplomatischen Corps, Erzbischof Jean-Claude Perisset, mahnte angesichts der Finanzkrise eine verstärkte Zusammenarbeit der Völker an. Kein Staat sei zu Alleingängen in der Lage, alle stünden in Abhängigkeit zueinander. Die Reichen und Mächtigen trügen eine besondere Verantwortung für die Armen. Perisset erinnerte an den Appell von Papst Benedikt XVI., Armut zu bekämpfen und Frieden zu schaffen.

Der Nuntius lobte besonders das Afrika-Engagement des Bundespräsidenten. Köhler setze sich dafür ein, beim Thema Globalisierung die Armen nicht aus dem Blick zu verlieren.