Bundespräsident kritisiert bei Festakt deutsche Debattenkultur

"Demokratie lebt von Kontroversen"

Zum 100-jährigen Bestehen der Studienstiftung des Deutschen Volkes in Dresden hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Verengung der Debattenkultur beklagt. Auch das richtige Streiten sollen Studierende an Hochschulen lernen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Interreligiösen Gottesdienst am 7. Oktober 2024 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs in Israel. / © Christian Ditsch (KNA)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Interreligiösen Gottesdienst am 7. Oktober 2024 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs in Israel. / © Christian Ditsch ( KNA )

 "Miteinander im Gespräch zu bleiben, für die eigene Überzeugung zu streiten, ohne sie absolut zu setzen, und andere Meinungen zuzulassen - das ist an unseren Hochschulen und in unserem Land insgesamt aber leider an vielen Stellen verloren gegangen", sagte Steinmeier am Samstag laut Redemanuskript. "Diese Verengung unserer Debattenkultur macht mir Sorge."

Die Studienstiftung unterbreite Angebote für interdisziplinäres Nachdenken, lobte das Staatsoberhaupt. Zu lernen, Kontroversen auszutragen und auszuhalten und im Kontrahenten nicht einen Feind, sondern einen Menschen mit einer anderen Auffassung zu sehen, sei für Studierende genauso wichtig wie korrektes wissenschaftliches Arbeiten. "Denn von Kontroversen lebt nicht nur die Wissenschaft, davon lebt unsere Demokratie", sagte Steinmeier, der Schirmherr der Studienstiftung ist.

Stiftung für begabte bedürftige Studierende

Die Studienstiftung des deutschen Volkes ist das älteste und größte Begabtenförderungswerk in Deutschland. Gegründet wurde sie 1925 unter dem Dach der Wirtschaftshilfe des Deutschen Studentenwerks in Dresden, um begabten, aber bedürftigen Studenten ein Studium zu ermöglichen. 1933 wurde sie gleichgeschaltet und an nationalsozialistischen Kriterien ausgerichtet, 1935 dann aufgelöst und 1948 in Köln wiedergegründet.

Satzungsauftrag der Studienstiftung ist es heute, "die Hochschulbildung junger Menschen" zu fördern, "deren hohe wissenschaftliche oder künstlerische Begabung und deren Persönlichkeit besondere Leistungen im Dienste der Allgemeinheit erwarten lassen". Aktuell fördert die Studienstiftung nach eigenen Angaben rund 13.600 Studierende und 1.300 Promovierende.

Bundespräsident Steinmeier beschwört deutschen "Widerstandsgeist" nach Epochenbruch

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschland auf eine schwierige Zukunft als Folge des Ukraine-Kriegs eingestimmt und ihren Widerstandsgeist beschworen. "Es kommen härtere Jahre, raue Jahre auf uns zu", sagte er am 28. Oktober in einer Grundsatzrede in Berlin. Die Zeit vor dem 24. Februar sei eine "Epoche mit Rückenwind" gewesen, in der die Deutschen von der Friedensdividende nach dem Ende der Blockkonfrontation reichlich profitiert hätten. "Die Friedensdividende ist aufgezehrt. Es beginnt für Deutschland eine Epoche im Gegenwind." 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Rede zum Epochenwandel / © Michael Kappeler (dpa)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Rede zum Epochenwandel / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
epd