Bundesgericht entscheidet über kirchliches Arbeitsrecht

 (DR)

Das Bundesarbeitsgericht hat erneut über einen Fall von Kündigung nach dem Austritt aus der katholischen Kirche entschieden. Anlass zur Entlassung aus dem kirchlichen Dienst war der Kirchenaustritt eines Caritas-Mitarbeiters, der nach weltlichen Arbeitsrecht nicht mehr kündbar wäre. Weitere wichtige Urteile und Beschlüsse zum kirchlichen Arbeitsrecht in Deutschland:

September 2010: Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof gibt einem wegen einer außerehelichen Beziehung vom Bistum Essen gekündigten Kirchenmusiker Recht. Die Kündigung habe gegen sein Recht auf Privat- und Familienleben verstoßen, entschieden die Richter in Straßburg. Die deutsche Justiz habe nicht ausreichend geprüft, ob der Betroffene so eng mit dem Verkündigungsauftrag der Kirche verbunden gewesen sei, dass eine Entlassung zwangsläufig sein musste. 2004 hatte das Bundesarbeitsgericht in diesem Fall das Recht der Kirchen bestätigt, von ihren Mitarbeitern die Einhaltung ihrer Grundsätze zu verlangen. Eine katholische Kirchengemeinde habe das Recht, einem Kirchenmusiker wegen dessen Wiederheirat zu kündigen.

September 2011: Das Bundesarbeitsgericht stärkt im Prinzip das kirchliche Arbeitsrecht, nach dem katholische Arbeitgeber Arbeitnehmern grundsätzlich kündigen können, wenn diese nach einer Scheidung erneut heiraten. Im konkreten Verfahren wurde dem Chefarzt eines katholischen Düsseldorfer Krankenhauses zwar das Recht zugesprochen, trotz zweiter Eheschließung im Dienst zu bleiben. Begründet wurde dies damit, dass der Krankenhausträger mit katholischen und evangelischen Mitarbeitern gleiche Arbeitsverträge abgeschlossen, bei protestantischen Kräften bei erneuter Eheschließung aber nicht zum Mittel der Kündigung gegriffen hatte. Grundsätzlich bestätigten die Richter aber das kirchliche Selbstbestimmungsrecht, wonach entsprechend der katholischen Sittenlehre eine erneute Eheschließung eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung darstelle.

März 2012: Erstmals bundesweit entzieht eine Kommune einer katholischen Gemeinde die Trägerschaft eines Kindergartens. Zuvor hatte die Kirchengemeinde in Königswinter einer beliebten Kita-Leiterin gekündigt, weil sie nach der Trennung von ihrem Mann mit einem neuen Partner zusammenlebt.

November 2012: Das Bundesarbeitsgericht entscheidet, dass Streiks in kirchlichen Betrieben unter stark eingeschränkten Bedingungen erlaubt sein können. Nicht erlaubt sind sie, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: wenn alle kirchlichen Unternehmen sich an die in paritätisch aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzten Kommissionen ausgehandelten Ergebnisse zu Lohn, Arbeitszeit oder Urlaub halten; wenn eine unabhängige Schiedskommission Konflikte entscheidet und wenn die Gewerkschaften in allen Kommissionen vertreten sind. Zuvor hatten im Jahr 2011 die Landesarbeitsgerichte in Hamm und Hamburg entschieden, dass es Gewerkschaften in kirchlichen Einrichtungen nicht grundsätzlich verboten ist zu streiken.

April 2013: Die Gewerkschaft Verdi will das Streikrecht bei Kirchen mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen und reicht eine Verfassungsbeschwerde ein.