Britische Medien finden Sympathie für den «heiligen Großvater»

Presseschau III

In der britischen Sonntagspresse muss sich der Großbritannien-Besuch von Papst Benedikt XVI. die Titelseiten mit dem Parteitag der Liberaldemokraten teilen. Doch das Urteil der Medien über den Papst bleibt weiter positiv. Dabei stehen seine Entschuldigung bei den Missbrauchsopfern, die Proteste der Papstgegner und die in der Nacht bekanntgewordene Haftentlassung der sechs Terrorverdächtigen im Vordergrund.

 (DR)

Der Papst hatte sich in London unbeeindruckt von der möglichen Bedrohung gezeigt und seine Reise wie geplant fortgesetzt. Die Ruhe und Beharrlichkeit von Benedikt XVI. hat die Medien offenbar beeindruckt. Er sei kein "Rottweiler", schrieb die politisch mittige "Sunday Times", sondern ein "heiliger Großvater".



Auch Peter Stanford im linksliberalen "Observer" konzentriert sich auf den Imagewandel des Papstes. Mit seiner ruhigen Art und seiner Bescheidenheit habe Benedikt XVI. viele für sich eingenommen, so Stanford. Seine "von Herzen kommenden Worte der Besorgnis" über die Missbrauchsfälle habe sogar einige Skeptiker überzeugt, dass er "ernsthaft und aufrichtig" gegen die "lange vertuschten" Verbrechen pädophiler Priester vorgehen wolle.



Mit Blick auf die Missbrauchsfälle habe der Papst "großen moralischen Mut" bewiesen, schreibt auch der konservative "Sunday Telegraph" und lobt sowohl Benedikts Ausdruck seiner "tiefen Besorgnis" als auch sein Treffen mit Missbrauchsopfern. Mit seinen klaren Ansprachen an eine "säkularisierte Gesellschaft" habe der Papst zudem "die verworrenen Äußerungen britischer Politiker beschämt", so der "Telegraph" weiter. Bleibe nur zu hoffen, dass der Papstbesuch langfristig Wirkung zeigt und die Briten daran erinnert, dass es "einen Platz und eine Stimme für die Religion im öffentlichen Leben gibt". Menschen aller Glaubensrichtungen, so das Blatt, sollten den Mut finden, "die Säkularisten zur Seite zu schieben und ihren Glauben mit Stolz zu verkünden".



Bei soviel Sympathie zeigten sich die meisten Kommentatoren beschämt über den Umgang der Papstgegner mit dem Kirchenoberhaupt. Die "antikatholischen Tiraden" eines Richard Dawkins bringe "uns Atheisten" nur "in Verruf", beklagt Dominic Lawson in der "Times".  Nur der liberale "Independent" titelte unverdrossen mit der Überschrift "Katholiken sagen dem Papst: Du hast Unrecht" und zeigt Umfrageergebnisse, wonach die Mehrheit der Katholiken sowohl Abtreibung als auch Verhütung unterstützen.



"Das "Papst-Komplott" war nur ein Witz" titelt das Boulevardblatt "Sunday Mirror". Es habe sich nur um "beiläufige Bemerkungen von Müllmännern in der Kantine" gehandelt. Man habe gewitzelt, wie man den Papst in die Luft sprengen könne, und ein Kollege habe die Polizei alarmiert, die dann Scotland Yards Anti-Terror-Einheit einschaltete. Mit Bezug auf ungenannte Quellen versicherte der konservative "Telegraph" unterdessen weiter, es habe sich um eine "unmittelbare Bedrohung" gehandelt.