Bremerhaven eröffnet weltweit erstes Klimahaus

Von der Wüste ins ewige Eis

Es gibt ganz verschiedene Arten, in Schweiß auszubrechen. Das "Klimahaus Bremerhaven 8° Ost", das am Samstag seine Türen öffnet, macht den Selbstversuch möglich. Die Wüstenhitze in Niger spürt man trotz 35 Grad Celsius erst langsam durch die Poren dringen.

Autor/in:
Annedore Beelte
 (DR)

Im Regenwald von Samoa dagegen schlagen einem die Dunstschwaden sofort entgegen. Und in der tropischen Schwüle Kameruns fließt der Schweiß in Strömen, trotz der moderaten 30 Grad. Auf 11.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind die Klimazonen der Erde in Bremerhaven simuliert. Die Reise führt immer auf dem achten Längengrad entlang, von Bremerhaven über die Schweiz und Sardinien nach Niger, Kamerun, die Antarktis, Samoa, Alaska und zurück. Nach ihrer Rückkehr sind die Besucher eingeladen, ihre persönliche "Klimabilanz" zu ziehen und Strategien zum Energiesparen im Alltag zu entwerfen.

Als die Planungen zum Klimahaus vor neun Jahren begannen, wussten nur Experten, wie drängend das Thema bis zur Fertigstellung sein würde. "Die Häfen waren nach Norden aus der Stadt herausgewachsen und wir fragten uns, was wir mit dem alten Hafenquartier machen sollten", erinnert sich Bremerhavens Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD). So entstand an einem Regentag am Deich die Idee eines Erlebnismuseums, das Wetter und Klima in den Focus rückt. In unmittelbarer Nachbarschaft des Deutschen Auswandererhauses soll das Klimahaus 600.000 Besucher pro Jahr anlocken. Rund 100 Millionen Euro hat die vogelnestartige Stahl-Glas-Konstruktion gekostet.

Jakob von Uexküll: Wegweisend und einmalig
Als "wegweisend und einmalig" lobte der Erfinder des alternativen Nobelpreises, Jakob von Uexküll, das Projekt am Donnerstag vor der Presse. "Die westliche Welt hat einen überdurchschnittlichen Anteil am Entstehen des Klimawandels. Deswegen hat jeder Besucher auch überdurchschnittliche Möglichkeiten, etwas daran zu ändern", appellierte er. Mit einem Augenzwinkern brachte der Umwelt-Aktivist ein Beispiel: "Wenn ein Paar sich trennt und zwei Singlehaushalte bildet, dann entspricht der Mehrverbrauch der Klimabilanz von 31 Namibiern."

Mit Regenwasser in der Toilettenspülung, Bio-Produkten in der Gastronomie und weiteren Maßnahmen bemüht sich das Klimahaus, selbst Energie einzusparen. Doch 350 Gramm Kohlendioxid-Ausstoß gehen trotzdem auf das Konto eines jeden Besuchers. "Wer im Restaurant ein vegetarisches statt eines Fleischgerichtes wählt, kann das kompensieren", schlägt Geschäftsführer Arnd Ducker vor. Eine Anreise mit dem Auto allerdings belastet die Klimabilanz um ein Vielfaches. Um auch das auszugleichen, hoffen die Ausstellungsmacher auf den Lerneffekt, der den Alltag der Besucher für die Zukunft verändern soll. "Mehr kann das Klimahaus dazu nicht leisten", sagt Dunker.

Zentrale Botschaft: Es ist Zeit zum Handeln
Das Team des Klimahauses ist den achten Längengrad komplett entlang gereist. Die Begegnungen des "Fischkopps" Axel, die in Filmen, Bildern und Geschichten festgehalten sind, bilden das Herzstück der Ausstellung. Das Team hat Dorfbewohner in Kamerun getroffen, die zum ersten Mal Weißen begegneten und nur zögerlich etwas über ihr Leben preisgaben. Die weltoffenen Samoaner sind gleich mit nach Bremerhaven gekommen, um ihre Lebenswelt hier nachzubauen - und zwischendurch einen Abstecher zu den Vereinten Nationen nach New York zu machen, wo sie von ihrem Leiden unter dem Klimawandel berichteten.

Allen porträtierten Menschen ist gemeinsam, dass sie die Auswirkungen des Wandels direkt spüren: In Niger hat es im ganzen Jahr noch nicht geregnet. Die Walfänger in Alaska beobachten, dass sich die Routen der Tiere verändern, dass bisher nie gesehene Zugvögel auftauchen und der Permafrostboden taut. Sie alle vermitteln vielleicht am glaubwürdigsten die zentrale Botschaft: Es ist Zeit zum Handeln.