Brauchtumsexperte entdeckt in "Asterix" viel Religiöses

Was den Druiden zum Priester macht

Im neuen Asterix-Band "Die weiße Iris" schleicht sich ein Achtsamkeits-Guru als Bösewicht ins gallische Dorf. Auch hier steckt wieder viel Religion drin, sagt Theologe Manfred Becker-Huberti, der sogar Asterix-Exerzitien geplant hat.

40. Asterix-Band / © Rolf Vennenbernd (dpa)
40. Asterix-Band / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

DOMRADIO.DE: Um was geht's im Comic?

Manfred Becker-Huberti / © Harald Oppitz (KNA)
Manfred Becker-Huberti / © Harald Oppitz ( KNA )

Prof. Dr. Manfred Becker-Huberti (katholischer Theologe, Brauchtumsexperte): Es geht um das alte Problem, nämlich wie Caesar Zerrüttung in das Dorf der Gallier bringen kann, um deren Widerstand zu brechen. Das hat er mit Gewalt versucht. Es hat nicht geklappt. Jetzt ist er aber auf die Idee gebracht worden, man müsse so einen Guru, der eine spinnerte Idee hat, engagieren und den dort hinschicken ...

DOMRADIO.DE: Was hat denn der neue Asterix-Band mit Religion zu tun? Die Comics spielen ja in der Zeit vor Christus.

Becker-Huberti: Ja, aber mit Religion haben sie allemal was zu tun. Denn das Grundprinzip eines Comics die Herstellung von Absurdität. Und genau das ist es auch, was in der Religion vorkommt. Da schreien natürlich viele auf und sagen "nein, nein, Religion fußt ja auf Vernunft". Ja, das stimmt, wenn auch nur in Teilen. Denn es gibt weite Bereiche der Religion, die genauso absurd sind: Dreifaltigkeit, Auferstehung, Jungfrauengeburt ... Das kann ich nur glauben.

Und im Comic geht es nicht um Glauben, sondern da geht es darum, die Gegenwart verzerrt in die Vergangenheit zu nehmen und sie auf diese Art und Weise neu entdecken zu lassen. Also in diesem Comic wird zum Beispiel ein TGV dargestellt, also ein moderner Hochgeschwindigkeitszug, als ein Sechsspänner mit Pferden dargestellt, der durch die Gegend rast und dann trotzdem irgendwo stehenbleibt. Und dann kommt die Durchsage, wie eben bei der Bahn auch, dass man wieder mit Verspätung zu rechnen hat.

Das ist etwas, das jedem als "bekannt" auffällt, man erfreut sich daran. Und genau das macht den Comic.

Manfred Becker-Huberti

"Der Druide wäre das, was man heute einen Pfarrer nennen würde oder einen Dechanten."

DOMRADIO.DE: Das sind die gesellschaftlichen Dinge, die uns im Comic schmunzeln lassen, wenn man unsere heutige Gesellschaft sieht. Aber inwieweit ist das verbunden mit Religion und Glauben?

Becker-Huberti: Der Druide wäre das, was man heute einen Pfarrer nennen würde oder einen Dechanten. Der kommt an vielen Stellen vor, meistens nicht direkt und platt, aber im Hintergrund zum Beispiel. Die handelnden Personen sind natürlich Asterix und Obelix. Und wenn es um irgendwelche schwerwiegenden Angelegenheiten geht, dann ist immer auch der Druide damit beschäftigt.

Er ist also jemand, der versiert ist und beauftragt ist, als Theologe, als Priester pastoral zu arbeiten. Und der ist derjenige, der mitdenkt und überlegt und auch seine Prinzipien mit einbringt. Das ist also ein ganz wichtiger Angelpunkt. Ein weiterer ist natürlich die ganze Entwicklung, die immer läuft: die Frage, welche Werte vertreten werden. Das ist manchmal völlig verrückt und läuft konträr.

Bei diesem Band zum Beispiel stellt sich heraus, dass die Vernebelungstaktik dieses Mannes mit dem Namen Visusversus, den Cäsar einsetzt, nicht funktioniert und man wieder zu der alten Methode der Prügelei kommt und seine Rechte auf diese Art und Weise erhält.

Übertriebene Achtsamkeit im 40. Asterix-Band / © Asterix® – Obelix® – Idefix® / © 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo/Egmont Ehapa Media (dpa)
Übertriebene Achtsamkeit im 40. Asterix-Band / © Asterix® – Obelix® – Idefix® / © 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo/Egmont Ehapa Media ( dpa )

Aber dann kann man als Theologe einwenden, die Geschichte spielt 50 vor Christus, die Bergpredigt ist noch nicht bekannt und die Feindesliebe ist noch nicht propagiert. Das heißt also, es gibt da durchaus auch Widersprüche, oder es gibt Entwicklungsmöglichkeiten, die man sehen muss. Und deshalb ist das keine Darstellung von Religion, sondern Religion ist etwas, was im Hintergrund mit abläuft. Und das ist für ein Land wie Frankreich relativ normal, weil dort die Religion vom öffentlichen Leben ziemlich abgekapselt ist.

DOMRADIO.DE: Kleine Zäsur – reden wir über Exerzitien. Das sind Einkehrtage, Besinnungstage, da spricht man zum Beispiel über den Glauben. Und Sie haben Asterix-Exerzitien geplant. Was haben denn Asterix und Obelix mit dem Glauben der Menschen zu, die zu Ihren Exerzitien kommen?

Becker-Huberti: In einem Band "Streit um Asterix" wird sehr schön dargestellt, wie man Zwietracht herstellen kann, was Zwietracht bewirkt und wie man Zwietracht wieder löst. Und genau das ist ein zentrales religiöses Thema. Die Herstellung von Eintracht widerspricht natürlich der Zwietracht. Und die Frage ist, wie kann man das in seinem Leben erreichen, dass man Eintracht herstellt, also mit anderen Menschen in Frieden lebt, dass man gemeinsame Ziele hat und auch miteinander ähnliche Methoden entwickelt, um dann miteinander in die Zukunft zu gehen. Und das kann man an weltlichen Gelegenheiten klarmachen. Aber man kann es auch im Religiösen immer wieder finden und dann Beispiele suchen, wie das geht und funktioniert. Und man lernt dadurch.

DOMRADIO.DE: Was haben Sie für die Exerzitien-Teilnehmer geplant? Das Konzept ist schon in der Schublade. Werden Sie auch in den Asterix-Comics lesen?

Becker-Huberti: Ja, wir werden die Asterix-Comics einsetzen, weil man vieles darin sehr schön erkennen kann. Gerade durch die Verzerrung wird es interessant. Und man kann dann diesen Asterix in seine eigene Gegenwart holen und fragen: Wo begegnet mir denn so etwas? Und wie gehe ich damit um? Und was kann ich davon lernen, wie das die Comicfiguren machen? Und was kann ich anders machen in meinem Leben?

Das Interview führte Dagmar Peters.

Neuer "Asterix"-Comic "Die weiße Iris" im Handel

Der neue "Asterix"-Comic "Die weiße Iris" ist am 28.10.2023 erschienen. In dem Abenteuer will der römische Militärarzt Visusversus die Kampfkraft der Gallier mit psychologischen Tricks lahmlegen. Visusversus predigt das Positive Denken. Er macht jedem Dörfler maßgeschneiderte Komplimente. Dann krempelt er die Raufbolde mit einer Art Gehirnwäsche um. Statt stets für eine wilde Prügelei aufgelegt zu sein, werden alle sanft. Verleihnix verkauft plötzlich wirklichen frischen Fisch ohne Fliegenschwärme. Niemand will mehr den Barden Troubadix verkloppen.

"Die weiße Iris" - Asterix / © Rolf Vennenbernd (dpa)
"Die weiße Iris" - Asterix / © Rolf Vennenbernd ( dpa )
Quelle:
DR