Der Fensterreiniger ist gerade fertig mit den großen Glastüren, dann lächelt Simone Stein-Lücke noch mal in die Kamera und klebt den gelben Sticker stolz an die Eingangstür. Er soll ein Symbol für die Initiative der Bezirksbürgermeisterin sein, eine Auszeichnung für diesen Friseursalon. "Good Godesberg" steht da drauf, und das stimmt nur so halb. Das "Gut" steht für die gute Tat: Coiffeur Michael Hagemann hat nämlich gerade 30 Flüchtlingen einen Haarschnitt geschenkt. Der Salon liegt aber nicht im Bonner Stadtbezirk Godesberg, sondern in der Rathausgasse in der Innenstadt.
Godesberg ist aber der politische Wirkungskreis der Christdemokratin Simone Stein-Lücke - und seit Dezember der Standort einer Notunterkunft für 220 Flüchtlinge. Junge und ältere Menschen aus dem Kosovo, Syrien oder der Türkei, die aus unterschiedlichen Gründen geflüchtet sind und auf das gleiche hoffen: eine bessere Zukunft in Deutschland. Hoffen bedeutet Warten und ist oft ermüdend und enttäuschend; Raum und Zeit sind ebenso begrenzt wie gute Laune. Stein-Lücke hält dagegen, sie will Bonn als "Musterbeispiel an Willkommenskultur" etablieren. Und weil Essen ein Stück Kultur ist, laden mehrere Gastronomen nun einmal im Monat Flüchtlinge zum Burger-Essen ein - und kriegen dafür auch den "Good Godesberg"-Sticker.
Haarschnitt für Flüchtlinge - wie im Vatikan
Jetzt beteiligen sich auch Friseure. Ähnlich wie bei der päpstlichen guten Geste im Vatikan: Seit Februar gibt es unter den Säulen auf dem Petersplatz neben den Toiletten für Pilger drei öffentliche Duschen. Obdachlose können neben frischen Handtüchern, Seife und Rasier-Sets dort auch einen kostenlosen Haarschnitt bekommen - von einem der Friseure, die ein Mal die Woche dort ehrenamtlich arbeiten.
In der Presse-Einladung der Aktion "Good Godesberg" steht: "Nach teilweise jahrelanger Flucht ist diese wunderbare Geste für viele der erste Schritt zurück ins Leben." 30 junge und ältere Männer und Frauen sitzen bei Michael Hagemann im Salon an der Rathausgasse zum Waschen, Schneiden, Fönen. So wie Enkeleda. Sie ist 27 Jahre alt, seit 18 Tagen hier und kann sich problemlos auf Deutsch unterhalten. Bevor sie mit ihrer Mutter aus Albanien floh, studierte sie Ingenieurswesen. "Deutsch kann ich nur aus dem Fernsehen", sagt sie. Und dass sie gerne hier weiterstudieren will. Aber das sei alles schwierig. Der Friseurbesuch, ein Schritt zurück ins Leben? "Eine gute Ablenkung", findet Enkeleda.