In Bolivien geraten Regierung und Kirche aneinander

Dicke Luft in La Paz

Boliviens Präsident Evo Morales ist wieder einmal wütend auf die katholische Kirche. "Wir reparieren die Gotteshäuser, bauen für die Kirche und was passiert. Sie bewerfen mich mit Dreck", schimpfte der sozialistische Regierungschef kürzlich in La Paz. Morales neuerlicher Wutausbruch kommt nicht von ungefähr.

Autor/in:
Tobias Käufer
Predigt gerne: Evo Morales (DR)
Predigt gerne: Evo Morales / ( DR )

In dem seit Monaten schwelenden innenpolitischen Konflikt um den Nationalpark Isiboro Secure (Tipnis) haben sich die bolivianischen Bischöfe eindeutig gegen Morales positioniert. Vordergründig wird um eine Straße gestritten, die durch den Park führen soll. Doch die Wurzeln der Auseinandersetzung reichen viel tiefer: Es geht um die Machtverhältnisse in der bolivianischen Gesellschaft.



Morales Machtbasis bildete in den vergangenen Jahren stets die indigene Bevölkerung, die die Mehrheit des südamerikanischen Volkes darstellt. Sie sorgte dafür, dass Morales der erste gewählte Präsident indigener Herkunft eines lateinamerikanischen Landes wurde. Und sie stellte sicher, dass Morales jede wichtige Wahl und Volksbefragung seit seinem Amtsantritt gewinnen konnte.



Doch die Machtbasis bröckelt. Der Tipnis-Konflikt spaltet die Indigenen in zwei Lager. In jene, die den von Morales favorisierten Straßenbau als Investition in die Zukunft und Infrastruktur des Landes ansehen. Und in jene, die Morales" Pläne als Umweltzerstörung und als Einladung an die Drogenmafia einstufen, auch entlegene Gebiete aufzusuchen.



Verbale Gefechte

Katholische Geistliche begleiteten in der Vergangenheit die oft tagelangen Protestmärsche der Morales-Gegner und unterstützten die Demonstranten mit Nahrungsmitteln und Medikamenten. Immer wieder kam es deshalb zu verbalen Gefechten zwischen der Regierung und den Kirchenvertretern.



Zuletzt krachte es zwischen Vizepräsident Alvaro Garcia und Kardinal Julio Terrazas Sandoval. Garcia hatte Terrazas vorgeworfen, die Bildung einer Oppositionsbewegung gegen Morales zu unterstützen. Er habe Verständnis dafür, dass sich die oppositionellen Gruppen zusammenschlössen, die Kirche solle sich als geistliche Institution aber aus diesem Prozess heraushalten, kritisierte Garcia die Teilnahme des Erzbischofs von Santa Cruz de la Sierra an dem Treffen von Oppositionsvertretern. Die Reaktion folgte auf dem Fuße: Die Bolivianische Bischofskonferenz (CEB) bedauere die Erklärungen Garcias gegen Kardinal Terrazas und den offensichtlichen Versuch, die Kirche auseinanderzutreiben, konterten die Bischöfe.



Entzug der Akkreditierung

Die Verbalattacken und Gesten der Abneigung haben mittlerweile Tradition. Vor gut zwei Jahren entzog die Morales-Regierung der Kirchenspitze um Kardinal Terrazas die diplomatische Akkreditierung. Die Kirchenführer des südamerikanischen Landes hatten zuvor jahrzehntelang von einer Ausnahmeregelung profitiert und mit Diplomatenpässen reisen dürfen.



Wie tief das Misstrauen gegen die Kirche beim Präsidenten sitzt, zeigt ein Vorwurf, den die Tageszeitung "La Razon" kürzlich veröffentlichte. Morales beschuldigte einen Priester, an einem Treffen von Oppositionellen teilgenommen zu haben, die wenig später für kleinere Brandanschläge auf Regierungsgebäude verantwortlich gemacht wurden.



Zwar wird Morales in der derzeitigen Situation vermutlich wenig Wert auf Ratschläge von kirchlicher Seite legen. Kardinal Terrazas äußerte trotzdem eine Empfehlung zur Beruhigung der angespannten Lage: "Es wäre klug, wenn sich der Präsident mit allen gesellschaftlichen Gruppen auseinandersetzt und den Weg des Dialogs wählt", betonte er. "Gewalt ist jedenfalls keine Lösung."

Und was macht der Präsident? Er schaltet gleich wieder in den Gleichgültigkeitsmodus: "Wir werden Geduld haben mit den Geistlichen der katholischen Kirche. Wir werden weiterhin mit aller Kraft für das Wohl der Bolivianerinnen und Bolivianer arbeiten."