Bistum Rottenburg-Stuttgart eröffnet Seligsprechungsverfahren für Bischof Sproll

Scharfer Nazikritiker

Mit einem Gottesdienst und anschließendem Festakt eröffnet das Bistum Rottenburg-Stuttgart am Montag offiziell das Seligsprechungsverfahren für seinen früheren Bischof Joannes Baptista Sproll. Er war wegen seines Widerstands gegen die Nationalsozialisten nach Bayern ins Exil geschickt worden.

Autor/in:
Michael Jacquemain
 (DR)

Vielen innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche sagt der Name Clemens August Kardinal Graf von Galen etwas. Denn der ehemalige Münsteraner Bischof war ein scharfer Kritiker der Nationalsozialisten und prangerte öffentlich deren Politik der Tötung sogenannten lebensunwerten Lebens an. 2005 wurde von Galen seliggesprochen. Sein Rottenburger Amtsbruder Joannes Baptista Sproll (1870-1949) geriet indes außerhalb des schwäbischen Raums mehr oder minder stark in Vergessenheit. Dabei war es von Galen selbst, der erklärt hatte, Sproll habe am meisten unter den Repressalien der Nationalsozialisten gelitten.



Am Montag nun beginnt in der Bischofsstadt am Neckar mit einem Gottesdienst am Nachmittag und einem anschließenden Festakt im Bischofshaus das Seligsprechungsverfahren für Sproll auf lokaler Ebene. Sein Nachfolger Gebhard Fürst strebte diesen Schritt seit geraumer Zeit. In Predigten und Denkschriften hatte Sproll die Ideologie der Nazis kritisiert. 1938 boykottierte er die Volksabstimmung, in der über den "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich und "die Liste unseres Führers Adolf Hitler" abgestimmt wurde. Daraufhin wurde Sprolls Amtssitz verwüstet und der Bischof aus der Diözese verbannt. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte er nach Rottenburg zurück, wo er 1949 starb.



Und Gerüchte

Doch es gab Gerüchte, die vor Beginn des Seligsprechungsverfahrens aus dem Weg geräumt werden mussten: Dies gelang dem renommierten Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf mit seinen Forschungen, die er 2009 unter dem Titel "Die Affäre Sproll" veröffentlichte. Dabei ging es um Mutmaßungen, Sproll sei Vater eines Kindes gewesen. Wolf bewertet den Vorwurf als "völlig unbegründeten Verdacht". Allerding sei es nicht "Sache eines Historikers, über den Tugendgrad eines Dieners Gottes zu urteilen".



Der Historiker machte zugleich deutlich, dass 80 Prozent von Sprolls Biografie "bis heute nicht sauber aufgearbeitet" seien. Auf das Bistum wartet also eine Menge Arbeit. Doch die soll geleistet werden, denn Fürst hält Sproll für einen "großen Hirten unserer Diözese". Er sei ein beeindruckendes Vorbild darin, in einer Zeit, in der Werte zusammengebrochen und Unmoral zur Moral erklärt worden sei, Aufrichtigkeit und Anstand bewahrt zu haben. Auch von Zeitzeugen und jüngeren schwäbischen Christen wird Sproll als "Bekennerbischof" verehrt.



Seligsprechungsverfahren werden nach strengen Regeln zunächst auf Ortsebene geführt. Und zwar in der Heimat des Kandidaten. Wird der Prozess erfolgreich abgeschlossen, geht er nach Rom und wird vor der zuständigen Kongregation neu aufgerollt. Entscheidet deren Kardinalskollegium positiv, liegt es am Papst, einem "Diener Gottes" den "heroischen Tugendgrad" zuzuerkennen. Wenn danach auch ein Wunder - meist eine unerklärliche Heilung - auf Vermittlung des Betreffenden nachgewiesen wird, kann der Papst dessen Seligsprechung anordnen.



Weiterer Wundernachweis erforderlich

Für eine Heiligsprechung, die einen Menschen zum Vorbild für die Weltkirche macht, ist ein weiterer Wundernachweis erforderlich. Sollten über den Seligen in der Zwischenzeit neue Dokumente oder Erkenntnisse auftauchen, würde Rom weitere Untersuchungen anordnen. Anders als die Seligsprechung ist die Heiligsprechung eine endgültige Entscheidung des Papstes und der Kirche. Sie gehöre zu Wahrheiten, die "aufgrund geschichtlicher Notwendigkeit mit der Offenbarung verbunden und endgültig zu halten sind", wie es in einem Text der Glaubenskongregation von 1998 heißt.



Im Bistum für das Verfahren federführend verantwortlich ist auf Wunsch von Fürst der Rottenburger Weihbischof Johannes Kreidler. Für die wissenschaftliche Überprüfung der Untersuchungen wird eine Historiker-Kommission berufen.