Bistum Aachen veröffentlicht Namen von Missbrauchs-Tätern

Nachweisliche und Mutmaßliche

Als bundesweit erstes Bistum macht das Bistum Aachen im größeren Stil die Namen bereits gestorbener Kirchenmitarbeiter öffentlich, die sexueller Gewalt beschuldigt werden. Auf der Liste steht auch ein Weihbischof.

Autor/in:
Michael Althaus
Aachener Dom / © Preeyakarn Mong (shutterstock)

Im Zuge der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch hat das katholische Bistum Aachen die Namen von 53 Beschuldigten veröffentlicht. Die Liste enthält die Namen von Tätern und mutmaßlichen Tätern, die mindestens zehn Jahre tot sind. Unter ihnen ist auch der 1986 gestorbene Weihbischof August Peters. «Ich verstehe, dass dies für viele ein Schock sein muss», sagte der Aachener Bischof Helmut Dieser am Mittwoch vor Journalisten. "Wir machen für keinen mutmaßlichen Täter eine Ausnahme, ganz gleich, welchen Rang er zeitlebens einnahm."

Die systematische Nennung der Namen sei bislang bundesweit einmalig, so Dieser, der auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist. Bislang seien nur in begründeten Einzelfällen Namen bekannt gegeben worden. Mit dem Vorgehen sollten weitere bislang noch unbekannte Betroffene ermutigt werden, sich zu melden.
Der Schritt sei nach langem Abwägen und in Abstimmung mit den zuständigen Gremien erfolgt.

52 Geistliche und ein Nicht-Kleriker

Unter den Namen, die auf der Internetseite des Bistums aufgeführt sind, sind 52 Geistliche und ein Nicht-Kleriker. Insgesamt sind laut Bistum 126 beschuldigte Kirchenmitarbeiter und 267 Betroffene bekannt.

Im November 2020 hatten Rechtsanwälte ein Gutachten zu sexualisierter Gewalt im Bistum Aachen veröffentlicht. Darin wurden lediglich die Namen leitender Geistlicher genannt, denen Fehler im Umgang mit Missbrauchstätern vorgeworfen werden.

Laut Generalvikar Andreas Frick nennt das Bistum nur die Namen von Personen, die vor über zehn Jahren gestorben sind. Entweder müsse der Betreffende von staatlichen oder kirchlichen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden sein. Oder in dem jeweiligen Fall müsse ein Antrag auf Anerkennung des Leids positiv beschieden worden sein. "Diese Kriterien sind aus unserer Sicht belastbar, halten einer juristischen Prüfung stand und sind transparent", so Frick.

Unschuldsvermutung bei fehlenden Beweisen

Die konkreten Tatvorwürfe gegen Weihbischof Peters würden - wie auch in den anderen Fällen - zunächst nicht öffentlich gemacht, so Bischof Dieser auf Nachfrage. Frick ergänzte, es gehe um Peters' langjährigen Einsatz als Priester im niederrheinischen Schiefbahn und damit nicht um seine Zeit als Weihbischof.

Bei der Veröffentlichung der Namen sind laut Dieser viele Aspekte berücksichtigt worden. Auf der einen Seite stünden Datenschutzrechte, die Unschuldsvermutung bei fehlenden Beweisen und die Gefahr einer Stigmatisierung, wenn sich ein Vorwurf im Nachhinein als unbegründet erweist. Auf der anderen Seite würden Aufarbeitung und Gerechtigkeit erwartet.

Dieser erklärte, er habe die anderen deutschen Bischöfe über das Vorgehen informiert. "Ob und wie es der Aufarbeitung dient, werden wir jetzt auszuwerten haben." Ein Modell daraus zu machen, sei jedoch noch zu früh.

 

Missbrauchsbetroffene: Bischöfe müssen Verfahren verändern 

Missbrauchsbetroffene in der katholischen Kirche haben die katholischen Bischöfe aufgefordert, das Entschädigungssystem zu reformieren. Bei ihrer anstehenden Herbstvollversammlung müssten die Bischöfe das bestehende System dringend weiterentwickeln, heißt es in einer Erklärung des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz. Sie müssten Rahmenbedingungen schaffen, die Zivilklagen von Betroffenen unnötig machten.

Bischöfe beim Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 27. Februar in Dresden / © Dominik Wolf (KNA)
Bischöfe beim Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 27. Februar in Dresden / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
KNA