Bischofskonferenz legt Dokumentation zu Zwangsarbeitern vor

Verantwortung für Vergangenes

Die katholischen Kirche hat eine Dokumentation über den Einsatz von Zwangsarbeitern in kirchlichen Einrichtungen in der NS-Zeit vorgelegt. Bei der Präsentation in Mainz sprach Kardinal Karl Lehmann am Dienstag von einem wichtigen Baustein auf dem Weg "zukunftsgerichteter Versöhnungsarbeit". Der Band dokumentiert das Schicksal von nahezu 6.000 Zwangsarbeitern, die während des Zweiten Weltkriegs zum Arbeitseinsatz in 776 katholischen Einrichtungen - wie Krankenhäusern, Heimen, und Klosterhöfen - verpflichtet waren.

 (DR)

Die katholische Kirche hat während des Zweiten Weltkriegs nach Erkenntnissen von Historikern nur in geringem Umfang Zwangsarbeiter beschäftigt. Im Gebiet der heutigen 27 deutschen Bistümer seien 4.829 «nachweislich beschäftigte Zivilarbeiter» ermittelt worden, sagte der Direktor der Forschungsstelle der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, Karl-Joseph Hummel.
Angesichts einer Gesamtzahl von 13 Millionen Zwangsarbeitern liege der Einsatz solcher Arbeitskräfte in Einrichtungen der katholischen Kirche im Promille-Bereich.

Gemeinsam mit dem Mainzer Kardinal Karl Lehmann stellte Hummel am Dienstag in Mainz die Ergebnisse achtjähriger Forschungsarbeiten vor. Unter Lehmanns Vorsitz hatte die Bischofskonferenz die Kommission für Zeitgeschichte mit einer wissenschaftlichen Studie beauftragt. Sie bildete die Grundlage für die Einrichtung eines eigenen Versöhnungs- und Entschädigungsfonds. Vorausgegangen war eine heftige öffentliche Debatte im Sommer 2000, ausgelöst durch einen Bericht des ARD-Fernsehmagazins Monitor.

Hummel verteidigte das Vorgehen der katholischen Kirche, die anders als die evangelische Kirche keine Gelder in den staatlichen Entschädigungsfonds der «Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft» eingezahlt hatte. Die meisten Zwangsarbeiter seien in der Landwirtschaft und der Hauswirtschaft zum Einsatz gekommen. Für einen Großteil dieser Beschäftigten habe der staatliche Fonds Zahlungen «nur in Ausnahmefällen» vorgesehen.

Laut Bischofskonferenz handelt es sich bei der jetzt vorgestellten Studie von Hummel und Christoph Kösters um «die aufwändigste Recherche, die während der letzten Jahrzehnte in der gesamten Katholizismusforschung durchgeführt wurde». Von den im Laufe der Untersuchung ermittelten 4.829 Zwangsarbeitern konnten 1.417 genauer identifiziert werden. 587 Entschädigungen in Höhe von 5.000 D-Mark beziehungsweise 2.556 Euro wurden schließlich bewilligt.

Die Gesamtdokumentation trägt folgenden Titel:
Zwangsarbeit und katholische Kirche 1939-1945, Geschichte und Erinnerung, Entschädigung und Versöhnung. Eine Dokumentation (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen, Band 10), hrsg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz von Karl-Joseph Hummel und Christoph Kösters, Paderborn München Wien Zürich 2008, 703 S. (ISBN 978-3-506-75689-3). Sie kann zum Preis von 48 EURO im Buchhandel erworben werden.