Bischofskonferenz eröffnet erste Arbeitsstelle in Ostdeutschland

"Positionieren und im Dialog sein"

Mit einem Festakt ist die neue Katholische Arbeitsstelle für Missionarische Pastoral am Freitag in Erfurt eingeweiht worden. Sie soll in räumlicher Nähe zur katholischen Minderheit in Ostdeutschland neue kreative Konzepte für die Seelsorge entwickeln, erklärt Hubertus Schönemann, Leiter der Stelle, im domradio-Interview.

 (DR)

domradio: Missionarische Pastoral? Da werden Bilder von Priestern wach, die mit der Bibel in der Hand die einheimische bekehren wollen. Ist dieses Bild ganz falsch?
Schönemann: Da gibt es noch ganz andere Bilder: von Faltblättern in der Fußgängerzone, das ist dann oft einfach den Leuten peinlich. Es gibt auch oft das Gefühl, dass man überredet werden soll oder indoktriniert durch Gewalt oder List. Ich glaube, das passt einfach nicht zu der Meinungsfreiheit, die wir in der modernen Gesellschaft haben. Von daher versuchen wir Mission anders zu verstehen. Wenn Sie sagen: die Mission eines modernen Unternehmens, dann merken sie dass das einen ganz anderen Geschmack bekommt, dann ist das nämlich der Auftrag, den eine Institution hat und das, was das Wesen von ihr ausmacht. Kirche hat nicht nur den Auftrag, sich um ihre Mitglieder zu kümmern wie Verein, sondern sie muss die Botschaft von einem Gott, der den Menschen nah sein will in Jesus Christus, leben und bezeugen. Das ist die Aufgabe, wenn wir sagen, wir wollen als Kirche missionarisch sein.

domradio: Es ist die erste Arbeitsstelle der Deutschen Bischofskonferenz in den neuen Bundesländern. Warum gerade der Osten? Warum gerade Erfurt?
Schönemann: In Erfurt ist die Kirche in der Minderheit, vor allen Dingen auch die katholische. Es ist zum einen die Herausforderung, diese gesellschaftlichen Entwicklungen, die wir auch gerade in den letzten Jahren durch die Deutsche Einheit erlebt haben, auch anzunehmen als Kirche. Gerade aus der Situation von Minderheiten heraus müssen wir versuchen, den Glauben zu vertiefen und kreative Projekte nach außen versuchen. Da wurden gerade im Bistum Erfurt in den vergangenen Jahren sehr viele Erfahrungen gesammelt. Ein Beispiel: Man macht hier Lebenswendfeiern mit Vorbereitung für nicht getaufte Jugendliche, als Angebot zur Sinndeutung. Oder Glaubensgesprächkreise für Erwachsene. Unsere Aufgabe wird es sein, solche Projekte zu unterstützen, zu begleiten und weiterzuentwickeln - und das für die Katholische Kirche in ganz Deutschland, nicht nur in Erfurt.

domradio: In Erfurt soll es auch Internet-Seelsorge und Internet-Beratung geben. Kann man da jetzt virtuell beichten?
Schönemann: Wir merken, dass das Internet ein wichtiges Medium ist, das immer mehr Einzug hält und sich weiter verändert, da passiert ganz viel. Unsere Aufgabe wird es sein, dass wir Internetseelsorge, die es bereits gibt, koordinieren und weiterbringen. Über das Internet kann Kontakt geschaffen werden, um zu Gesprächspartnern vor Ort weiterzuvermitteln. Und manchmal bleibt es auch dabei, dass die Distanz des Mediums Internet auch gut ist. Die Frage ist: Wie will Kirche in Zukunft auch in der Seelsorge im Netz präsent sein?

domradio: Zu Ihren Aufgaben zählt auch die Beschäftigung mit neuen religiösen Bewegungen, auch mit Sekten. Was gibt es da zu tun?
Schönemann: Da hat sich auch einiges geändert. Früher hätte man gesagt: Hilfe, meine Tochter ist bei Bhagwan, wie bekomme ich da raus, wo bekomme ich Hilfe? Und heute  würden wir das so sehen, dass wir in der modernen Zeit eine Vielfalt von Meinungen und Sinngebungen haben, einen Markt von Weltanschauungen, auch von religiösen Angeboten, und da muss sich die Kirche aktiv positionieren und im Dialog sein.

Das Gespräch führte Heike Sicconi.