Bischof Tebartz-van Elst im domradio: Sorgen wegen der Situation in Bosnien-Herzegowina

"Schwierige" erste Auslandsreise

Es ist seine erste Auslandsreise als Bischof - und keine unbeschwerte dazu, wie der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst schnell feststellen musste: Die Situation für viele Menschen in Bosnien-Herzegowina ist alles andere als rosig. Im domradio-Interview berichtet Deutschlands jüngster Bischof über die ersten Eindrücke seines Besuchs.

 (DR)

Bei seiner bis Sonntag andauernden ersten Auslandsreise als Bischof von Limburg zeigte sich Franz-Peter Tebartz-van Elst am Freitag in Sarajevo besorgt über die problematische Situation und die mangelnden  Zukunftsperspektiven vieler Menschen in Bosnien-Herzegowina.

Der Bischof von Limburg ist auf Einladung von Erzbischof Vinko Kardinal Puljic nach Sarajevo gereist. Kardinal Puljic hatte an der Amtseinführung des  Bischofs im Januar in Limburg teilgenommen und ihn nach Bosnien-Herzegowina eingeladen, um das Partnerbistum Sarajevo kennen zu lernen. Auf dem Besuchsprogramm stehen Gottesdienste, Gespräche auch mit Muslimen sowie Besuche in einem Schulzentrum, dem Diözesancaritaszentrum und einem Jugendzentrum. So kann sich Bischof Tebartz-van Elst einen Eindruck von der Lage in Bosnien-Herzegowina machen.

Limburger Bischof trifft Großmufti
Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst und der Großmufti von Bosnien-Herzegowina, Mustafa Ceric, haben gemeinsam zum engagierteren Gespräch der Religionen aufgerufen. Heute müsse es zwischen den Religionen um «Identität im Dialog» gehen, sagte Tebartz-van Elst am Freitag bei einem Treffen mit dem muslimischen Geistlichen in Sarajevo. Ceric rief die Religionen auf dem Balkan auf, gemeinsam nach Wegen in eine bessere Zukunft zu suchen und sich nicht auf Schuldfragen der Vergangenheit zu konzentrieren.

Zusammen mit dem bosnischen Kardinal Vinko Puljic traf Tebartz-van Elst am Freitag zum Auftakt den international angesehenen Islamvertreter Ceric.

Ceric mahnte eine enge Anbindung Bosnien-Herzegowinas an die Europäische Union an, die eine Integration zum Ziel haben müsse. Die Einbindung in die EU sei für die Menschen in seinem Land keine politische, sondern eine existenzielle Frage. Nur intensivere Beziehungen zu Brüssel könnten die Stabilität dort sichern. Eine Integration Bosnien-Herzegowinas in die EU werde auch Vorteile für Europa haben. Eine friedliche Entwicklung, bei der Menschen der unterschiedlichen ethnischen und religiösen Identitäten zusammenarbeiteten, könne beispielhaft für den Kontinent sein, so der Mufti.

"Blick nach oben"
"Die Situation ist von hoher Arbeitslosigkeit und politischer Unsicherheit geprägt. Fast jeder zweite ist ohne Arbeitsplatz", sagte der Limburger Bischof noch kurz nach seiner Ankunft. Zwar habe der Krieg aufgehört, doch das garantiere weder einen gerechten Frieden noch einen wirklich funktionsfähigen Staat: "Versöhnung und Vertrauen unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen kann nicht durch ausländische Friedenstruppen und Diplomaten produziert werden". Die politische Lage gelte weiterhin als fragil: Da die im Friedensvertrag von Dayton festgelegte Lösung von vielen Menschen nicht als endgültig empfunden werde, bremse dies auch Investitionen der Wirtschaft in Bosnien-Herzegowina. Diese seien jedoch mit Blick auf die hohe Arbeitslosigkeit und Perspektiven für die Menschen dringend nötig.

Tebartz-van Elst informiert sich bei seinem dreitägigen Besuch in Sarajevo auch über mehrere, vom Bistum Limburg geförderte Projekte der katholischen Kirche, mit denen Menschen in Bosnien-Herzegowina geholfen wird: Zum Beispiel über eine Frauen-Beratungsstelle und einen Europa-Kindergarten - Einrichtungen, die allen Bevölkerungsgruppen zur Verfügung stehen. Zudem unterstützt das Bistum Limburg den Bau eines Altenheims für Priester in Sarajevo. Bei einem Gottesdienst in der Kathedrale von Sarajevo will der Bischof zum "Blick nach oben" ermutigen. Der gemeinsame Glaube stärke die Aufmerksamkeit für die Not der Menschen und die Solidarität. Wichtig sei nun der Dialog miteinander, der zu Verständigung und sicherem Frieden beitragen könne.

Die Zahl der Katholiken im Erzbistum Sarajevo hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als halbiert: Sie ging von 528.000 (1998) auf rund 206.000 (2007) zurück. In einigen Pfarreien im Gebiet der Republik Srpska leben nur sehr wenige, meistens alte Leute. In Mittelbosnien gilt die Lage als erheblich besser: Hier gibt es fünf katholische Schulzentren mit etwa 4.500 Schülern, die jedoch wegen der hohen Arbeitslosigkeit bereits zum Studium oder danach häufig in andere Länder abwandern, weil sie in ihrer Heimat keine ausreichenden Perspektiven sehen.

Bischof Kamphaus begründete die Partnerschaft
In Zeiten des Balkan-Krieges hatte der frühere Limburger Bischof Dr. Franz Kamphaus Anfang der 90er Jahre die Initiative ergriffen und als Zeichen der Verbundenheit Sarajevo besucht. Daraus entstand eine Partnerschaft. Nach dem Balkan-Krieg förderte das Bistum Limburg zahlreiche Rückkehr- und Wiederaufbauprojekte. So entstand zum Beispiel die Aktion "Guter Hirte": Mit Spendengeldern wurden mehr als 5.000 Schafe sowie fast 1.000 Ziegen gekauft, um Familien in Bosnien und im Kosovo nach dem Krieg und der Zerstörung ihrer Häuser wieder eine erste wirtschaftliche Grundlage zu geben.

Diese Solidaritätsbeziehung mit den Opfern der Gewalt und Zerstörung in Bosnien und Herzegowina sowie im Kosovo soll sich nach dem Willen von Bischof Tebartz-van Elst in eine Partnerschaftsbeziehung weiterentwickeln. Geplant sind Besuche und Kontakte auch für Jugendliche. So wird eine Gruppe Jugendlicher aus Bosnien-Herzegowina im Oktober 2008 zu einer internationalen Jugendbegegnung in Frankfurt Griesheim erwartet. Das Bistum Limburg  pflegt intensiven Kontakt zu katholischen Diözesen in verschiedenen Teilen der Erde - zum Beispiel mit dem Bistum Ndola in Sambia, mit dem Bistum Kumbo in Kamerun und Alaminos auf den Philippinen. Die Arbeit folgt dem Verständnis von Weltkirche als Kirche in einer Welt.