Bischof sieht "schwere Schuld" katholischer Amtsträger an Missbrauch

"Das Entsetzen ist berechtigt"

Nicht zu sehen, dass die Kirche sich versündigt habe, sei "die tiefste systemische Ursache" des Missbrauchs, so der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr. Es gebe jedoch keine andere Organisation, die ein ähnliches System von Ansprechpersonen habe. 

Plakat mit der Aufschrift Fragt die Betroffenen (Archiv) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Plakat mit der Aufschrift Fragt die Betroffenen (Archiv) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr hat "schwere Schuld" katholischer Amtsträger an sexualisierter Gewalt in der Kirche eingeräumt. "Das Entsetzen innerhalb und außerhalb der Kirche ist berechtigt - auch über den Umgang der Verantwortlichen mit Beschuldigten und mit Betroffenen", sagte Neymeyr am Sonntag bei einer Erfurter Bistumswallfahrt: "Unsere Kirche ist dadurch eine sündige Kirche geworden. Das nicht wahrzunehmen, ist die tiefste systemische Ursache des Missbrauchsgeschehens in unserer Kirche."

Die Bischöfe und viele in der Kirche hätten diese Verbrechen jedoch nicht "nur mit Entsetzen zur Kenntnis genommen", betonte Neymeyr zugleich. In allen kirchlichen Einrichtungen und Organisationen stünden jetzt Expertinnen und Experten den Betroffenen als Ansprechpersonen zu Verfügung. "Keine andere Organisation in Deutschland hat solch ein System überall eingerichtet."

Bischof Neymeyr: "Große Fortschritte bei Prävention"

So gebe es im Bistum Erfurt seit elf Jahren eine Missbrauchskommission, "in der Fachleute jeder einzelnen Beschuldigung gemäß einer detaillierten veröffentlichten Ordnung nachgehen". Den Betroffenen würden nicht nur Therapiekosten erstattet. Sie erhielten auch Geldleistungen zur Anerkennung des erlittenen Leids nach einer ebenfalls veröffentlichten Ordnung, auch wenn der Beschuldigte nicht mehr lebe.

Auch mit Blick auf die Verhinderung von sexualisierter Gewalt habe die katholische Kirche "große Fortschritte erzielt, auch wenn wir noch nicht alles erreicht haben", so der Bischof. Dieses Anliegen müsse allen in der Kirche wichtig sein, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, auch den ehrenamtlich Mitarbeitenden. "Schutzkonzepte, Präventionsschulungen und Führungszeugnisse sind unerlässliche Bausteine", mahnte Neymeyr.

Zudem werde auch im Bistum Erfurt im Oktober eine unabhängige Kommission mit Beteiligung von Betroffenen damit beginnen, die Verbrechen aufzuarbeiten, soweit es möglich sei. "Wir sind nicht tatenlos", versicherte der Bischof. "Manches dauert zu lange, aber wir können nicht auf Erfahrungen anderer zurückgreifen."


Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
KNA
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