Bischof Oster: Niemanden in den Glauben hinein nötigen

"Moral ist immer sekundär"

Jugendbischof Stefan Oster hat die Bedeutung der Entscheidungsfreiheit bei Fragen der Religion betont. "Es darf keine Nötigung in den Glauben hinein geben", sagte der Passauer Bischof in der katholischen Akademie in Dresden. 

 (DR)

Bei einer Podiumsveranstaltung in der Katholischen Akademie Dresden räumte Bischof Stefan Oster ein, dass es in der Kirchengeschichte durchaus Phasen von Nötigung in den Glauben hinein gegeben habe, etwa als die Volkskirche besonders stark gewesen sei. Seine Mutter etwa sei infolge eines sehr restriktiven Elternhauses später nur noch selten in die Kirche gegangen. 

Nichts nötiger als heilige Frauen und Männer

Wichtig sei, dass die Kirche den Menschen offene Gesprächsräume biete, so Oster. Beim Zugang zum Glauben dürfe auch nicht das Reglement des Lehramts an erster Stelle stehen: "Moral ist immer sekundär zum Ereignis des Glaubens." Die Kirche habe gegenwärtig "nichts nötiger als heilige Frauen und Männer, die Zeugnis vom Glauben ablegen", unterstrich der Bischof.

Die Journalistin Valerie Schönian, die sich selbst als Atheistin bezeichnet, erklärte: "Für Außenstehende ist das schwierig, wenn die Kirche auftritt und sagt: 'Wir haben die Wahrheit' - das führt erstmal zu einer Abwehrreaktion." Zugleich beobachte sie, dass immer mehr Menschen auf Sinnsuche seien: "Es ist durchaus ein Problem, dass vielen Menschen Sicherheit verloren gegangen ist, im Beruf wie in privaten Beziehungen."

"Fatal für die Kirche, Menschen auszugrenzen"

Kirche müsse den Menschen signalisieren: "He, wir sind da für dich. Du bist geliebt", sagte Schönian. "Es ist fatal für die Kirche, wenn sie anfängt, Menschen auszugrenzen, die eigentlich gerne kommen wollen - zum Beispiel wiederverheiratete Geschiedene bei der Kommunion." Sie sei sich allerdings nicht sicher, ob tatsächlich mehr Menschen zur Kirche kämen, wenn der Zölibat abgeschafft und das Frauenpriestertum eingeführt würden.

Schönian wurde 2016/17 mit ihrem Blog "Valerie und der Priester" bekannt, für den sie ein Jahr lang im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz Kaplan Franziskus von Boeselager im Alltag begleitete. Daraus entstand das Buch "Halleluja - Wie ich versuchte, die katholische Kirche zu verstehen".

Perspektiven nach der Jugendsynode

Die 28-jährige "Zeit"-Redakteurin und der Bischof äußerten sich auf einem Podium der katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen zum Thema "Glaube und Zweifel als Antriebsfaktoren für die Frage nach dem Lebenssinn". An diesem Donnerstagabend ist ein weiterer Gesprächsabend mit Bischof Stefan Oster geplant. Er trägt den Titel "Mit Dynamik ins neue Jahrhundert? Perspektiven nach der Jugendsynode und dem Weltjugendtag."


Jugendbischof Stefan Oster (DR)
Jugendbischof Stefan Oster / ( DR )

Journalistin Valerie Schönian / © Michael Bönte
Journalistin Valerie Schönian / © Michael Bönte
Quelle:
KNA