Bischof Müller zu den Lehren aus dem Traditionalisten-Eklat

"Pius-Bischöfe zu einfachen Priestern degradieren"

Der Eklat um die angestrebte Wiedereingliederung von vier Traditionalisten-Bischöfen in die katholische Kirche hat viel Staub aufgewirbelt. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Regensburg weist der katholische Ökumenebischof Gerhard Ludwig Müller den Vorwurf zurück, der Vorgang belaste das Verhältnis zwischen evangelischer und katholischer Kirche. Die Priesterbruderschaft Pius X. fordert der Regensburger Bischof auf, umgehend ihre widerrechtlichen Weihen einzustellen.

 (DR)

KNA: Herr Bischof, der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber empfindet die Aufhebung der Exkommunikation von vier Traditionalistenbischöfen als Belastung für die Ökumene. Wie sieht das der katholische Ökumenebischof?

Müller: Wenn sich eine schismatische Gruppe wieder dem Papst unterstellen und von ihren Irrlehren Abstand nehmen will, ist das eine innerkatholische Angelegenheit. Dass der Papst diesen Leuten mit offenen Armen entgegenkommt, heißt nicht, dass der Grund ihrer Abspaltung damit ein Heimatrecht in der Kirche bekommt, ganz im Gegenteil. Eine ökumenische Belastung sehe ich nicht.

KNA: Bischof Huber befürchtet, dass die Differenz zwischen der kirchenamtlichen Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Zeit davor eingeebnet wird. Halten Sie diese Sorge für berechtigt?

Müller: Diese behauptete Differenz ist eine Erfindung. Das Konzil steht in Kontinuität mit der gesamten Lehrentwicklung der Kirche und bringt den Lehrbestand neu zur Sprache, so dass die Kirche in einen Dialog mit der modernen Welt eintreten kann.

KNA: Aber das Konzil hat doch etwa in der Frage des Verhältnisses zu den Juden die Kirche grundlegend neu positioniert.
Müller: Diese Neupositionierung ist aber eine folgerichtige Weiterentwicklung und kein Bruch mit der Tradition. Eine Vorstellung wie die, dass die Juden die Gottesmörder seien, war ja nie offizielle kirchliche Lehre, sondern eine umlaufende Sichtweise, die sich vielleicht viele zu eigen gemacht haben. Schon vom Neuen Testament her ergibt sich, dass Christen nicht antijüdisch eingestellt sein können.

KNA: Der Vatikan hat deutlich gemacht, dass jetzt die Pius-Bruderschaft am Zug ist. Können Sie schon irgendeine Bewegung in die richtige Richtung erkennen?
Müller: Bis jetzt nicht. Wenn einer ihrer Bischöfe sagt, dass jetzt die katholische Kirche sich in Richtung dieser Irrlehren bewegt, ist das lächerlich und zeugt von Maßlosigkeit und Selbstüberschätzung.

KNA: Der Obere der Pius-Bruderschaft, Bischof Bernard Fellay, hat am Sonntag in Zaitzkofen eine weitere Weihehandlung vorgenommen.
Müller: Das darf er nicht. Fellay hat jetzt den Status eines suspendierten Bischofs. Wenn er sich dem Papst unterstellt, wie er behauptet, müsste er auf die Ausübung seiner Weihevollmacht verzichten. Dass er es nicht tut, deutet eher darauf hin , dass das Schisma weitergeht. Aber vielleicht haben die noch gar nicht richtig verstanden, was sie da unterschrieben haben.

KNA: Wie sollte es mit den Amtsträgern der Bruderschaft weitergehen?

Müller: Wie in der alten Kirche: Wenn jemand illegal die Weihe empfangen hat, muss er degradiert werden. Richard Williamson nehme ich davon aus, denn er hat sich als Holocaust-Leugner unmöglich gemacht und gehört aus dem Klerikerstand entfernt. Die drei anderen Bischöfe können nur noch als einfache Priester tätig sein, vielleicht als Kategorialseelsorger im Altenheim

KNA: In Zaitzkofen sollen demnächst weitere Priester und Diakone geweiht werden. Die Termine stehen schon fest.
Müller: Das geht nicht. Als Bischof von Regensburg erkläre ich diese unerlaubten Weihehandlungen für verboten. Das Kirchenrecht schreibt vor, dass der Ortsbischof in solchen Fällen um Erlaubnis gefragt werden muss. Suspendierte Bischöfe dürfen sowieso keine Weihen erteilen. Erkennen die Bischöfe der Pius-Bruderschaft den Primat des Papstes an, müssen sie sich auch an das Kirchenrecht halten, das er erlassen hat.

KNA: Was passiert, wenn sich die Pius-Brüder gar nicht oder nur halbherzig wieder auf die Kirche zubewegen?
Müller: Ich hoffe, dass es unter ihren Priestern einige Vernünftige gibt, die sich aus dieser Gemeinschaft lösen und sich dem Apostolischen Stuhl beziehungsweise dem Ortsbischof unterstellen.
Der muss dann jeweils über weitere Seelsorgeeinsätze entscheiden.

KNA: Welche Konsequenzen sollte der Vatikan aus dem Eklat ziehen?
Müller: Offenbar war der Fehler der, dass man nur mit Bischof Fellay verhandelt hat, die anderen drei sind im Schlepptau mitgezogen worden. Mindestens einer von denen war ein trojanisches Pferd. Für die Zukunft ist daraus zu lernen, dass jeder einzelne in einem solchen Fall überprüft werden muss. Das sollte schon für die Priester der Bruderschaft gelten, die jetzt in die volle Gemeinschaft mit der Kirche zurückkehren wollen.