Bischof Müller und Unionspolitiker kritisieren Bundesjustizministerin

"Unwahr und ehrenrührig"

Der Regensburger katholische Bischof Gerhard Ludwig Müller hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
(FDP) scharf kritisiert. Die Behauptung der Ministerin, die katholische Kirche in Deutschland behindere in Fällen sexuellen Missbrauchs die Aufklärung von Straftaten, sei "unwahr und ehrenrührig", erklärte Müller am Dienstag.

 (DR)

Der Bischof forderte die Ministerin auf, Beweise für ihre Anschuldigungen vorzulegen oder andernfalls "ihre Amtsautorität nicht für derartige Übergriffe zu instrumentalisieren".

Müller wies insbesondere Leutheusser-Schnarrenbergers Behauptung zurück, dass es an katholischen Schulen eine Schweigemauer gebe, die die Aufklärung von Straftaten erschwere oder gar verhindere. In allen deutschen Diözesen werde nach den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz "jeder Hinweis auf eine Missbrauchsstraftat umgehend und genauestens geprüft", betonte der Bischof. Erhärte sich der Verdacht, werde der mutmaßliche Täter zur Selbstanzeige aufgefordert, im Falle einer Verweigerung die Staatsanwaltschaft informiert.

Die katholische Kirche lasse sich im Umgang mit solchen Fällen von dem Ziel leiten, Gerechtigkeit für die Opfer herzustellen, so Müller weiter. "Bleibt ein Opfer entgegen unserer Empfehlung bei der Entscheidung, eine Straftat nicht zur Anzeige zu bringen, werden wir gemäß den Vorgaben des Opfers handeln." Eine Anzeigepflicht bestehe nicht.

«Leutheusser-Schnarrenberger will Frust über Kirche loswerden» Unionspolitiker stärken den Bischöfen den Rücken. Die Ministerin versuche, «ihren Frust über die katholische Kirche» loszuwerden, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis «Spiegel online». Ihr gehe es «nicht mehr um Aufklärung, sondern um einen Angriff auf die katholische Kirche».

In der Auseinandersetzung um die Aufklärung von sexuellem Missbrauch durch Geistliche hatte Leutheusser-Schnarrenberger der Kirche vorgehalten, eine Direktive der vatikanischen Glaubenskongregation von 2001 schreibe vor, dass auch schwere Missbrauchsfälle zuallererst der päpstlichen Geheimhaltung unterlägen und nicht an staatliche Behörden weitergegeben werden sollten. Diese Darstellung sei falsch, erklärte die Deutsche Bischofskonferenz am Dienstag.

Zu der von der Ministerin geäußerten Kritik an einer «Schweigemauer» in katholischen Einrichtungen sagte der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Stephan Mayer: «Eine Schweigemauer kann ich in der katholischen Kirche beim besten Willen nicht erkennen.» Die Bischofskonferenz habe deutlich gemacht, dass sie bei Missbrauch keine Toleranz gelten lasse. «Wenn es Verfehlungen gab - und es gab sie -, dann muss diesen nachgegangen werden», so Mayer. Man dürfe aber nicht «die katholische Kirche in Bausch und Bogen an den Pranger» stellen.

Auch aus der CDU kam Kritik an Leutheusser-Schnarrenberger. Mit der Konzentration ihrer Forderungen auf die Kirche sei die Ministerin nicht auf der Höhe der Diskussion, betonte Unionsfraktionsvize Günter Krings. Zwar liege dort ein Schwerpunkt bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals: «Wer das Problem aber auf die katholische Kirche beschränkt, der hat das Problem nicht voll erfasst.»