Bischof Mixa räumt Mängel in der Kinderbetreuung ein

Krippendiskussion und kein Ende

Die Debatte um Kinderbetreuung in Deutschland geht weiter - Bischof Mixa sieht sich weiterhin harscher Kritik ausgesetzt: Eine ehemalige Bundesministerin fühlt sich in ihrer Würde verletzt. Der Chefredakteuer einer beliebten Zeitschrift findet Mixas Position absurd. Unterdessen verteidigte sich der Augsburger Kirchenmann in einer TV-Talkshow erneut. Und räumte Überraschendes ein.

 (DR)

Mixa: Krippen dürfen kein Normalfall werden
Im ZDF-Politik-Talk mit Maybrit Illner sagte Mixa, dass in Deutschland mehr Krippenplätze nötig sein könnten. Er wandte sich jedoch am Donnerstagabend erneut dagegen, dass die Krippenerziehung für Kinder unter drei Jahren zum Normalfall wird. Wenn Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) einen Ausbau auf 750.000 Plätze anstrebe, entstehe ein Druck auf Eltern, ihre Kinder frühzeitig abzugeben.

Wirkliche Wahlfreiheit bedeutet nach Ansicht des Bischofs, dass auch die Eltern, die allein erziehend oder finanziell schlechter gestellt sind, vom Staat unterstützt werden, wenn sie wegen der Kinder zeitweise auf Berufstätigkeit verzichten.

Schmidt: Fühle mich in Würde als berufstätige Mutter verletzt
Die frühere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) sagte, sie fühle sich durch Mixas harsche Kritik in ihrer Würde als berufstätige Mutter verletzt. Viele Eltern wollten Kinder und Berufstätigkeit miteinander verbinden. In Deutschland gebe es aber immer noch viel zu wenige Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder. "Die gegenseitigen Diffamierungen als Rabenmütter oder Heimchen am Herd müssen aufhören", sagte sie. Zugleich forderte Schmidt mehr familienfreundliche Arbeitsplätze. Kinder dürften nicht länger Karrierehindernis sein, weder für Frauen noch für Männer.

Der frühere "Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert verwies auf das Beispiel Frankreich und erklärte, der Staat könne besser erziehen als viele überforderte Familien. Auch in bürgerlichen Familien würden Kinder immer häufiger vernachlässigt und nicht erzogen.

"Brigitte": Mixas Kritik ist absurd
Der Chefredakteur der Zeitschrift "Brigitte", Andreas Lebert, bezeichnete die Kritik Mixas an von der Leyen als absurd. Die Kirche sollte die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Frauen und Familien akzeptieren. Die Männer forderte er auf, mehr Verantwortung für Erziehung und Familie zu übernehmen. Sie hätten ihre Identität noch nicht gefunden.

Beatrix Selk-Schnoor vom Familiennetzwerk "Familie ist Zukunft" beklagte eine Diskriminierung von Frauen, die wegen Familie auf Berufstätigkeit verzichten. Wenn junge Frauen echte Wahlfreiheit hätten, würden 70 Prozent ihre Kinder in den ersten drei Lebensjahren selbst erziehen und nicht in eine Krippe geben, erklärte sie unter Berufung auf eine Umfrage. Familienarbeit werde auch im Rentensystem massiv benachteiligt.

Laschet: Mixa schwächt Erfolg der Kirchen bei der Kinderbetreuung
Nordrhein-Westfalens Familienminister Armin Laschet (CDU) weist die Kritik des Augsburger Bischofs Walter Mixa am geplanten Ausbau der Kinderbetreuung zurück. Laschet bemängelte in der "Netzeitung" zugleich, dass Mixa mit seinen Äußerungen "die großen Erfolge der Kirchen auf diesem Gebiet" schwäche. Auch der Bischof habe in seinem Bistum viele Kindertagesstätten, in denen Kleinkinder gut betreut würden.

Laschet verwies darauf, dass allein in Nordrhein-Westfalen 60 Prozent der Betreuungseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft seien. Dass Mixa den Erfolg seiner eigenen Institution kleinrede, "das bedaure ich schon", fügte der Minister hinzu.

Den begonnenen Wandel der Familienpolitik werde Mixa keinesfalls aufhalten, sagte Laschet weiter. "An dem Vorhaben, dass die Kleinkinderbetreuung in gemeinschaftlicher Arbeit auch der Kirchen mit dem Staat ausgebaut wird, wird sich nichts mehr ändern." Denn die Politik habe erkannt, dass Deutschland bei der Kleinkinderbetreuung "ein europäisches Entwicklungsland" sei.

Seit Wochen Diskussion
Mixa ist seit Wochen wegen seiner harten Kritik an Bundesfamilienministerin von der Leyen und ihren Plänen zum Ausbau von Kinderkrippen in den Schlagzeilen. So hatte er von der Leyen eine "in hohem Maße ideologiegeleitete" Politik vorgeworfen und ihre Politik mit dem DDR-System verglichen.

Auch zahlreiche Bischöfe haben sich inzwischen von der Form seiner Kritik distanziert. Die gegenwärtig im oberschwäbischen Kloster Reute tagende Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz debattierte am gleichen Abend über das Thema Familienpolitik. Mixa konnte daran wegen des Fernsehauftritts nicht teilnehmen.