Er selbst habe im Zivildienst Menschen mit Behinderung befördert und Sterbende in ihren letzten Monaten gepflegt und empfinde diese Zeit als bis heute prägend, sagte der 63 Jahre alte Theologe der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag). Er sei überzeugt, dass ein solcher Dienst nicht nur der Gesellschaft, sondern auch der persönlichen Entwicklung diene.
Bischof Ralf Meister betonte, die eigene Lebensführung müsse immer im Verhältnis zum Wohl der gesamten Gesellschaft stehen. "Ich habe den Eindruck, dass der Fokus dabei manchmal zu sehr auf der eigenen Befindlichkeit liegt", sagte er. Der Staat stelle Bildung und Studium sicher, Deutschland sei eines der sichersten Länder der Welt und biete eine nahezu lückenlose Versorgung von der Krankenversicherung bis zu Sozialleistungen. Ein Pflichtjahr biete jungen Menschen die Chance, etwas an die Gesellschaft zurückzugeben.
Zur aktuellen Debatte um den Wehrdienst sagte Meister, er selbst habe damals als überzeugter Pazifist den Wehrdienst verweigert. Diesem "alten Pazifismus", der auch die Kirche geprägt habe, halte er bis heute die Treue. "Aber ich habe während eines Studienjahrs in Israel gelernt, dass ein Staat manchmal verteidigungsbereit sein muss, um seine Existenz zu sichern", schränkte Meister ein. Auch der Ukraine-Krieg habe ihm gezeigt, welche Bedeutung rechterhaltende Gewalt als "ultima ratio" habe. Dennoch seinen gerade in Krisenzeiten Menschen wichtig, "die nicht zuerst vom Krieg reden, sondern davon, wie Frieden möglich werden kann".
Meister betont verstärktes Engagement gegen Missbrauch
Im selben Interview äußerte sich der hannoversche Landesbischof auch selbstkritisch über seinen früheren Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt. "Anfangs nahm ich aus Respekt nur dann persönlichen Kontakt zu betroffenen Personen auf, wenn sie ausdrücklich den Wunsch danach äußerten. Heute weiß ich: Das reichte nicht aus", sagte Meister.
Inzwischen habe er mit einer Reihe von betroffenen Personen gesprochen, "die auf unterschiedliche Weise sexualisierte Gewalt erfahren haben und sehr unterschiedlich mit dem schweren Unrecht umgehen, das sie erleiden mussten".
Zugleich betonte Meister, er habe sich seither persönlich für viele Veränderungen eingesetzt. Darunter sei die Auswertung von Missbrauchsstudien, die Umsetzung entsprechender Maßnahmen sowie die Beauftragung weiterer Studien, die Professionalisierung der landeskirchlichen Fachstelle sowie Präventionsschulungen für mehr als 20.000 Haupt- und Ehrenamtliche in der hannoverschen Landeskirche. Überdies verwies er auf ein direktes Rederecht, das Betroffene sexualisierter Gewalt auf der Tagung der Landessynode im November erhielten.
Der hannoversche Landesbischof war seit der Veröffentlichung der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt im Frühjahr 2024 wiederholt in die Kritik geraten. Einzelne Betroffene hatten Meister mangelndes Engagement im Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt und den von ihr betroffenen Menschen vorgeworfen.