"Wenn der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung die Bedeutung der Religionen und Kirchen für die Gesellschaft vor allem in der Wertevermittlung sieht, wird dies der Bedeutung der Religion und des Heiligen im Leben von Menschen und Gemeinschaften nicht ganz gerecht", sagte Kohlgraf in einer am Freitag veröffentlichten Predigt. Religion stelle die Frage nach dem, "was einen Menschen erfüllt und trägt".
Auch der Religionsunterricht sei mehr als Wertevermittlung, sagte Kohlgraf bei der Verleihung der Missio canonica an 32 Religionslehrerinnen und Religionslehrer aller Schulformen aus dem Bistum Mainz. Die Missio canonica ist die kirchliche Bevollmächtigung für Religionslehrer, ohne die keine Lehrkraft katholischen Religionsunterricht erteilen darf.
Bedeutung von Heiligkeit
In einer Welt, die aggressiver und gewaltbereiter zu werden drohe, leisteten Lehrkräfte für Religion einen wichtigen Friedensdienst. Der Religionsunterricht berge die Chance, vor zwei Extremen gleichermaßen zu bewahren: Fanatismus und Beliebigkeit. "Ich will mir niemanden vorstellen, dem nichts oder niemand im Leben heilig ist", sagte Kohlgraf und fügte hinzu: "Man wird selbst groß in der Begegnung mit dem Heiligen. Es gibt Sinn und Lebensinhalt."
Mit Blick auf den Religionsunterricht sagte Kohlgraf, der Staat sollte ein Interesse daran haben, "einen solchen Unterricht mit eigenem Standpunkt, der mehr ist als Information, zu fördern". Es wäre "der Tod der Religion, wenn sie in einen weltfremden Sonderraum verbannt wird", sagte Kohlgraf. "Auch Gott lässt sich nicht in lebensfremde Sonderwelten verbannen."