Bischof Gebhard Fürst setzt sich im Darwin-Jahr mit neuen Formen des Atheismus auseinander

Den Glauben mit guten Gründen verteidigen

Einen Gegensatz zwischen biologischer Evolutionslehre und biblischem Schöpfungsglauben hat der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst ausdrücklich verneint und damit sowohl alten und neuen Formen des Kreationismus als auch einem sich zunehmend aggressiv gebärdenden Atheismus eine Absage erteilt.

 (DR)

In einem Vortrag zum diesjährigen Darwinjahr beim Priesterseniorentag in Rottenburg am Donnerstag betonte Bischof Fürst, die Vorstellung von der Evolution sei grundsätzlich mit der Bibel und der kirchlichen Lehre vereinbar.

Es handle sich um zwei Sichtweisen: zum einen um eine naturwissenschaftliche Erklärung, zum anderen um eine theologische Deutung der Weltentstehung. Auf Fragen nach Sinn und Bedeutung der Weltentwicklung könnten und wollten die Naturwissenschaften keine Antworten geben. So seien weder „die großartigen Erkenntnisse Charles Darwins zur Entstehung des Artenreichtums" noch die Evolutionslehre eine Absage an den Schöpfungsglauben. „Richtig verstanden kann uns eine vertiefte Kenntnis der Evolutionsgeschichte mit all ihren großartigen und staunenswerten Seitenpfaden einführen in die Großartigkeit der Schöpfungsmacht Gottes", betonte der Bischof.

Allerdings, so Bischof Fürst, liefere der Darwinismus für viele das Argumentationsmaterial für die atheistische Position, Gott existiere nicht. Es sei deutlich, dass das Darwinjahr diese Auseinandersetzung verschärfe. So fordere die Giordano-Bruno Gesellschaft anlässlich des Darwin-Jahrs als ersten Schritt den Austausch des Festes Christi-Himmelfahrt durch ein „Evolutionsfest", um auch die große Zahl Konfessionsloser gleichberechtigt bei den Feiertagen zu berücksichtigen. „Die Konfessionslosigkeit zieht es in den öffentlichen Raum", betonte der Bischof. „Aus einem latent und unterschwellig vorhandenen und weithin akzeptierten Agnostizismus ist ein offensiv und selbstbewusst auftretender und sich inszenierender ‚neuer Atheismus geworden."

Das Darwin-Jahr werde oft nur als Vehikel benutzt, um die atheistischen Thesen „auf offensiv  werbende und teilweise auch auf subtil aggressive Art in die Gesellschaft hineinzutragen". Die Argumentationsmuster, so Bischof Fürst, reichten von dem alten Versuch, Religion aus den Bedürfnissen des Menschen zu erklären, bis zu einer aggressiven „Destruktion alles Religiösen mit dem Instrumentar einer biologistischen Sprache". In ihrer Bekämpfung eines angeblichen „Gotteswahns" fühlten sich missionarische Atheisten berufen, „eine regelrechte Gegenkirche der soziobiologisch Aufgeklärten zu etablieren", stellte der Bischof fest.

Die Offensive des neuen Atheismus verändert nach Ansicht von Bischof Fürst  das Klima und die Grundorientierungen in der Gesellschaft. So höhle die Bestreitung Gottes auch den Geltungsanspruch der Gebote Gottes aus. „Ich bin überzeugt, dass die moralisch handelnde Persönlichkeit, das auf Ethos und Moral basierende Zusammenleben und die auf Ethos und Moral basierende Verantwortung ins Wanken geraten, wenn die Gottesfrage existenziell negativ beantwortet wird", sagte Bischof Fürst. Die Bestreitung Gottes sei „letztlich auch eine Kampfansage an eine alle bindende Moral". Er fürchte, dass auch die zunehmende bedingungslose Bewertung aller menschlichen Lebensbereiche nach wirtschaftlichen Maßstäben hier ihren geheimen ideologischen Hintergrund habe. Die Entwicklung zu einem Wirtschafts- und Sozialdarwinismus, so Bischof Fürst, lasse ihn „sehr besorgt in die Zukunft unserer Gesellschaft schauen". Christen müssten hier hellwach sein und ihre eigenen Glaubensüberzeugungen offensiv vertreten. Gott zu erkennen sei Gnade. Aber Glaubende müssten deshalb ihren Verstand keineswegs abgeben, sondern mit guten Gründen gegenüber den Herausforderungen der Gegenwart verteidigen.