Bischof Fürst scheidet nach 16 Jahren beim ZdK aus

"Dankbar und bereichert"

16 Jahre war der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst Geistlicher Assistent beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Bei der Vollversammlung reicht er den Stab an den Hamburger Erzbischof Stefan Heße weiter. Ein Bilanz-Interview.

Autor/in:
Michael Jacquemain
 (DR)

Katholische Nachrichten-Agentur: Herr Bischof Fürst, woran erinnern Sie sich besonders gerne, wenn Sie an die 16 Jahre als Geistlicher Assistent des ZdK denken?

Bischof Gebhard Fürst: Da fällt mir der Ulmer Katholikentag ein, bei dem es unter dem Leitwort 'Leben aus Gottes Kraft' auch um bioethische Fragen ging: Da fielen bei mir drei Rollen zusammen: Gastgeber, Geistlicher Assistent und Vorsitzender der Bioethik-Kommission der Bischöfe. Und ich erinnere mich dankbar an den Gesprächsprozess, der als Folge des Missbrauchsskandals entstand. Dort wurden ganz viele zentrale Fragen offen besprochen. Ohne die dort entstandene Gesprächskultur wäre die katholische Kirche in Deutschland heute nicht da, wo sie ist.

KNA: Und welche unangenehme Erinnerung haben Sie?

Fürst: Das war die ZdK-Vollversammlung unmittelbar vor dem Ökumenischen Kirchentag 2010 - auf dem Höhepunkt der Debatten über Missbrauch. Es war eine sehr aufgebrachte Stimmung, in der viele Befindlichkeiten sehr emotional zum Ausdruck kamen.

KNA: Prellbock, Scharnier, Schmieröl, Dauer-Spagat - beschreibt eines dieser Worte Ihre Rolle beim ZdK treffend?

Fürst: Nicht wirklich. Scharnier und Schmieröl klingen mir zu mechanisch. Ich sehe mich eher als Brückenbauer. Es geht um prozesshaftes Geschehen und persönliche Begegnung. Die Zeit war spannend, und es gab Spannungen. Aber das ZdK ist der Ausdruck eines Kirchenverständnisses: Laien und Bischöfe nehmen Aufgaben gemeinsam, aber unterschiedlich wahr. Diese Mitverantwortung verwirklicht sich in Kommunikation.

KNA: Die Zahl Ihrer Termine in 16 Jahren war fast unüberschaubar: Präsidiumssitzungen, Hauptausschüsse, Vollversammlungen, Katholikentags-Leitung, Katholikentage, Gemeinsame Konferenz. Welches Resümee ziehen Sie nach unzähligen Sitzungen?

Fürst: Über die Vorgänge in Politik, Gesellschaft, Kirche und Kultur halte ich mich schon für einigermaßen informiert. Und trotzdem konnte ich beim ZdK sehr viel lernen. Wer sich Stellungnahmen und Erklärungen zu bioethischen Fragen, Gerechtigkeit, Religionsdialog, Europa oder Sterbebegleitung ansieht, der sieht, wie wichtige Fragen auf sehr hohem Niveau behandelt werden. Im ZdK sitzen engagierte, kluge und kompetente Leute. Niemand darf dieses Potenzial kleinreden oder übersehen.

KNA: Hat die Zeit Ihr Bild vom Laienkatholizismus verändert?

Fürst: Durch die lebendigen Erfahrungen hat meine Wertschätzung konkrete Gesichter bekommen.

KNA: Sie haben drei Präsidenten erlebt: Meyer, Glück und Sternberg. Was fällt Ihnen zu diesen sehr unterschiedlichen Typen ein?

Fürst: Meyer ist ein großartiger Rhetoriker mit einem scharfen Verstand und brillanten, kritischen Analysen. Auch über seine Kirche. Glück ist politisch hellwach und ein wichtiger Impulsgeber. Mit seinen Beziehungen in alle Bereiche hat er viel bewegt. Sternberg ist im politischen und kulturellen Dialog ausgesprochen versiert und engagiert.

KNA: Es gab auch diverse Probleme zwischen Bischofskonferenz und Laien: Etwa der Aufbau von "Donum Vitae" oder die Erklärungen zu Diakoninnen oder homosexuellen Paaren. Wie sind Sie damit umgegangen, denn ein formales Veto hatten Sie ja nicht?

Fürst: Die Debatten über die Schwangerenberatungsstellen von «Donum Vitae» haben das Verhältnis zwischen Bischöfen und ZdK nachhaltig belastet. Heute sollten wir sehen: Es gibt mehr Gemeinsamkeit als gedacht. Es geht um unterschiedliche Wege, die zum selben Ziel führen, dem Schutz des Lebens. Und natürlich stimmt es: Ich konnte mit meiner persönlichen Haltung etwa zur Frage von Diakoninnen in der Kirche oder zum Umgang mit Homosexuellen beim ZdK keine Wirkung erzielen.

KNA: Haben Sie dafür in der Bischofskonferenz auch manchmal Prügel bezogen?

Fürst: Lieber möchte ich es konfliktträchtige Anfragen nennen. Aber ich war in der Bischofskonferenz ein Anwalt des Laienkatholizismus. Und das werde ich auch bleiben. Etwa in der «Gemeinsamen Konferenz», bei der sich Bischöfe und ZdK-Leitung zweimal im Jahr treffen.

KNA: Was wünschen Sie dem ZdK für die Zukunft?

Fürst: Dass es seine gute Arbeit fortsetzen und seine breite gesellschaftliche Vernetzung beibehalten kann. Und ich würde mich über eine wohlwollendere Wahrnehmung freuen. Die Laien sind keine Gegner, sondern Partner. Sie leisten außerordentlich wertvolle Dienste.

KNA: Ihr ganz persönliches Resümee?

Fürst: Ich gehe dankbar und bereichert durch großartige Menschen, denen ich begegnet bin und mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Nach 16 Jahren würde ich sofort wieder Ja sagen zu dieser schönen Aufgabe. Aber alles hat seine Zeit.


Quelle:
KNA