Bischof Fürst besucht an Heiligabend Gefangene

Hinter Schloss und Riegel

Ein belastender Tag der Einsamkeit, so schildert Bischof Fürst den Heiligabend für viele Strafgefangene. Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart besucht zum zehnten Mal eine Haftanstalt in seiner Diözese, um mit Häftlingen Weihnachten zu feiern. Das sei jedes Jahr eine "einzigartige Erfahrung", so der Bischof im domradio.de-Interview.

Bischof Gebhard Fürst (KNA)
Bischof Gebhard Fürst / ( KNA )

domradio.de: Bischof Gebhard Fürst, auch in den vergangenen Jahren waren Sie an Heiligabend im Gefängnis  und haben dort die Gefangenen besucht, wie kam das an?

Bischof Fürst: Das ist für mich selber eine ganz eigenartige, einzigartige Erfahrung. Die Gefangenen freuen sich auf den Besuch, auf den gemeinsamen Gottesdienst. Sie singen gerne die Lieder mit. Es kommen von draußen, von den Kirchengemeinden manchmal auch Chöre mit. Und das ist eine ganz wunderbare Atmosphäre. Einfach deshalb, weil sonst am Heiligabend im Knast ziemliche Einsamkeit herrscht, weil die Vollzugsbeamten reduziert sind und weil eigentlich keine Besuche erlaubt sind.



domradio.de: Kann man dann überhaupt von Weihnachtsstimmung im Knast sprechen und wie sieht es dort aus?

Bischof Fürst: Die Gefangenen bemühen sich und das Personal auch, dass durch entsprechenden Weihnachtsschmuck, Weihnachtsbaum, auch durch Geschenke, die es gibt, eine weihnachtliche Stimmung auftaucht. Aber  wenn ich dann mit den Gefangenen rede - ich gehe auch einige Male in die Zellen und bringe ihnen auch etwas mit -  dann spüre ich doch, wie sehr einsam sie sich fühlen und wie stark sie eigentlich mit ihren Verwandten und mit den Familien, Frauen, Kindern verbunden sind und wie sehr sie dieses Weihnachtsfest immer als einen besonders belastenden Tag der Einsamkeit erfahren.



domradio.de: Was sagen denn die Gefangenen?

Bischof Fürst: Sie reden oft nicht so arg viel. Sie zeigen halt, wo sie leben. Manche sind in Einzelzellen untergebracht über die ganzen Feiertage hinweg. Es gibt keine Möglichkeit nach draußen zu gehen, nur über die Mittagszeit vielleicht kurz. Andere sind in großen Gemeinschaftszellen untergebracht, manchmal vier oder gar sechs. Besonders wenn es um Abschiebehäftlinge geht, die erzählen nicht viel. Sie sagen, dass sie an ihre Frauen, ihre Kinder denken oder dass sie einer ganz ungewissen Zukunft entgegen schauen und sie freuen sich, wenn man ihnen wenigstens ein bisschen zuhören kann und sagt, ich bin jetzt da und wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest.



domradio.de: An Weihnachten in den Knast gehen, das ist für Sie immer sehr bewegend, sagen Sie. Warum ist das eine Tradition im Bistum Rottenburg-Stuttgart? Denn auch die Weihbischöfe tun es. Bischof Fürst: Ja, so ist es. Das ist bei uns eine lange Tradition. Ich mache das jetzt auch in diesem Jahr schon zum zehnten Mal. Ich bin dann in allen Gefängnissen in Württemberg gewesen und das ist jedes Mal eine ganz eigenartige, eine einzigartige Erfahrung. Besonders hat mich in Schwäbisch Gmünd das Gefängnis für Frauen in Gotteszell (Anmerkung: ein altes Dominikanerinnenkloster) beeindruckt. Da sind Frauen inhaftiert, die teilweise auch ihre Kinder in einem Gefängniskindergarten mit dabei haben. Diese Frauen dort  verstehen es vielmehr als in den Männer-Gefängnissen doch eine weihnachtliche Atmosphäre herzuzaubern. Die verschiedenen Zellen sind etwas anders angeordnet. Sie können auch etwas mehr, soviel ich das weiß, nach außen gehen, also auf die Gänge. Sie haben dort wunderbares Weihnachtsgebäck und Weihnachtsschmuck hingerichtet, so dass man da dann noch mal anders als in den Männergefängnissen etwas Weihnachtsatmosphäre spürt. Aber man spürt natürlich auch dort, insbesondere wenn Frauen mit Kindern da sind, das Bedrückende und das Abgeschnittensein von den Festlichkeiten, die außerhalb des Gefängnisses stattfinden.