Bischof Ackermann zu Libori und den aktuellen Krisenherden

"So kann es nicht weitergehen!"

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ist auch in Paderborn. domradio.de befragte ihn zu Libori, aber auch zu den aktuellen Krisenherden und der Kraft des Gebetes. Ackermann ist Vorsitzender der Kommission Justitia et Pax.

 (DR)

domradio.de: Herr Bischof, es ist Ihr erstes Liborifest. Wie erleben Sie es?

Bischof Ackermann: Es ist wirklich ein Erlebnis, das hier zu sehen in Paderborn. Ich hatte schon viel davon gehört, aber die Verbindung von gewachsener Volksfrömmigkeit, von Tradition, mit einem wirklich lebendigen Glaubensfest, das ist etwa sehr Besonderes. Man sieht, wie stark das von den Leuten mitgetragen wird, und es ist sehr beeindruckend, dass es über alle Generationen geht, von den kleinsten Kindern mit Familien über die jungen Leute bis hin zu den Alten. Das ist wirklich sehr schön und beindruckend zu erleben.

domradio.de: Sie haben auch den Liboritusch miterlebt?

Bischof Ackermann: Natürlich wissen wir ja auch in Trier zu feiern, wir haben das Apostelgrab und den Heiligen Rock, aber das ist etwas, was unüberhörbar ist. Man merkt, wie ein Ruck durch die Leute geht.

domradio.de: Sie sind Vorsitzender der Kommission Justitia et Pax. Wenn sie die letzten Tage und Wochen betrachten und an die Ukraine und den Nahostkonflikt denken, wie groß ist die Sorge, die sie da erfüllt?

Bischof Ackermann: Meine Sorge ist wirklich groß, gerade wenn es um die Stabilität in diesen Regionen geht. Wie lassen sich Lösungen finden? Es muss gesprochen werden, die Kampfhandlungen müssen eingestellt werden. Und wenn es wirklich soweit kommt, dass so viele Unschuldige wie bei diesem Flugzeugabschuss sterben, dann ist das wirklich verheerend. Insofern ist es richtig, auch den Weg der Sanktionen wohlüberlegt weiter zu beschreiten und das auch im europäischen Verbund zu tun. Auch wenn das wirtschaftliche Belastungen bringt. Das muss man gemeinsam tragen. So kann es nicht weitergehen!

domradio.de: Was hören Sie aus Israel und Palästina in diesen Tagen?

Bischof Ackermann: Ich verfolge natürlich die Nachrichten. Immer wieder melden sich ja auch dort die Kirchenvertreter zu Wort. Und da war diese großartige Geste des Papstes und die Bereitschaft von Peres und Abbas, die Einladung zum gemeinsamen Gebet anzunehmen. Da gab es doch ein Stück Hoffnung, und jetzt ist das alles wieder mit Füßen getreten und liegt in Scherben. Das ist wirklich verheerend. Vor allen Dingen, wenn man das über die Jahre hinweg verfolgt. Wir haben ja regelmäßigen Kontakt mit verschiedenen Bischofskonferenzen und auch den Christen vor Ort. Es scheint ja einen regelrechten Rhythmus von Gewalt zu geben. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen, das ist wirklich die Hoffnung aller. Aber es ist erschreckend, wie sehr das dort immer wieder in die alten Muster zurückfällt.

domradio.de: Gibt es denn eine Hoffnung am Horizont?

Bischof Ackermann: Ich glaube, alle Beteiligten auf israelischer und palästinensischer Seite wissen: Mit der Gewalt ist kein Frieden zu schaffen. Das ist allen klar. Sie sind zum Gespräch verurteilt. Der Waffenstillstand ist ja auch sehr brüchig. Aber alle wissen, es geht nicht an Gesprächen vorbei, und man kann nur appellieren und hoffen, dass man bald wieder zu Gesprächen kommt. Damit vor allen Dingen die Zivilisten nicht mehr die Leidtragenden sind, denn die Gewalt wird weiter den Hass schüren, das ist völlig klar.

domradio.de: Was können Europa und die Vereinten Nationen denn tun?

Bischof Ackermann: Es laufen ja Gespräche. Natürlich sind da die Amerikaner am stärksten gefragt, Hoffnungen werden auch in Ägypten gesetzt. Und unser Außenminister Steinmeier bemüht sich wirklich, er läuft ja von Krisenherd zu Krisenherd.

domradio.de: Das Gebet für den Frieden ist wichtig?

Bischof Ackermann: Das ist für uns sehr wichtig, denn wir brauchen Hilfe, die wir Menschen nicht leisten können. Das wird man erst am Ende im Himmel sehen, was das Gebet bewirkt hat. Auch wenn man den Eindruck hat, ohnmächtig zu sein. Das Gebet ist eine unheimliche Kraft, die bewirken kann, dass wider aller Hoffnungen die Menschen überhaupt wieder ins Gespräch kommen und nicht Hass und Gewalt weiter regiert. Das sieht man auch hier beim Liborifest bei allen festlichen Liturgien, den Fürbitten,. der Prozession. Hier werden der Unfrieden und die Brandherde nicht außen vorgelassen.

Das Interview führte Matthias Friebe.


Quelle:
DR