Bischof Ackermann sieht die Kirche vor schwierigen Zeiten

Ein "schmerzlicher Reifungsprozess"

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat die Kirche zur Erneuerung und Reifung im Sinne Gottes aufgerufen. "In diesem Horizont sehe ich die vielfältigen Umbrüche, die wir in unseren deutschen Diözesen derzeit erleben", sagte Ackermann am Sonntagabend in der evangelischen Hauptkirche Sankt Michaelis in Hamburg.

 (DR)

"Und auch die belastende, längst nicht abgeschlossene Auseinandersetzung mit den Vergehen sexualisierter Gewalt durch Priester, Ordensleute und andere Mitarbeiter der Kirche trägt - so schmerzlich sie ist - zur reinigenden Erneuerung des kirchlichen Auftrags bei. In diesem Sinne haben wir diese schmerzliche Aufgabe bereitwillig anzunehmen", so Ackermann, der auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist.



Weiter sagte der Bischof, auch das von Papst Benedikt XVI. eingebrachte Stichwort der Entweltlichung sei im Sinne der Reinigung und Reifung des kirchlichen Zeugnisses zu verstehen. "Dabei geht es nicht darum, funktionierende kirchliche Strukturen mutwillig zu zerstören oder sich leichtfertig aus gesellschaftlichen Engagements zurückzuziehen", so Ackermann. Vielmehr rufe der Papst die Kirche dazu auf, wachsam zu sein und zugleich gelassener in Situationen, in denen es gilt, Gewohntes loszulassen. Er äußerte sich im Vespergottesdienst der 39. Sankt Ansgar-Woche der katholischen Kirche in Hamburg, der aus Platzgründen traditionell im "Michel" gefeiert wird.



Eine Herkulesaufgabe

"Michel"-Pastor Alexander Röder verwies in seinem Grußwort auf die gemeinsame Herkulesaufgabe der Kirchen heute: "Immer mehr Menschen haben noch nie von Jesus Christus gehört", könnten mit Begriffen wie Gnade, Erlösung und Barmherzigkeit nichts anfangen und definierten ihr Dasein auf Erden ohne einen Gedanken an einen Schöpfergott, sagte der evangelische Hauptpastor. Diese Aufgabe müssten die Kirchen hoffnungsvoll, glaubensgewiss, ökumenisch offen und fröhlich angehen.



Als vorbildhafte Zeugen des Glaubens nannte Röder die vier als "Lübecker Märtyrer" verehrten NS-Gegner, die Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange, Eduard Müller und den evangelischen Pfarrer Karl Friedrich Stellbrink. Er überreichte dem Hamburger Erzbischof Werner Thissen die Ontologie des Jesuiten Karl Frick von 1928, das Prassek während seiner Studienzeit benutzte. "Möge dieses Buch das Andenken an die Lübecker Märtyrer lebendig halten", unterstrich der Hauptpastor.