Bischöflicher Hilferuf aus Mexiko

Der "Mordmaschine" ein Ende setzen

Seit Jahren schon wird Mexiko von einem Drogenkrieg heimgesucht, der rund 77.000 Opfer gefordert haben soll. Jetzt haben Mexikos Bischöfe eine Botschaft veröffentlicht, in der sie die Verhältnisse in ihrem Land anprangern.

Autor/in:
Ina Rottscheidt
Bischof Miguel Patiño Velázquez / © src.ca
Bischof Miguel Patiño Velázquez / © src.ca

"Wir leiden mit den Opfern der Gewalt im Land, vor allem im Bundesstaat Michoacán, und wir erklären unsere Solidarität mit den Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und den vielen Gläubigen in der Region, die leiden und zugleich einen mutigen Beitrag im Kampf um Frieden der Region leisten." So steht es in dem Schreiben, das die mexikanische Bischofskonferenz Ende Januar veröffentlichte. Darin fordern die Bischöfe auch die Regierung auf, ihrer Pflicht nachzukommen und das Leben ihrer Bürger zu schützen.

Die Initiative geht auf Monseñor Miguel Patiño Velázquez, Bischof von Apatzingán zurück, der zuvor in einem die Hirtenbrief die Untätigkeit der Sicherheitskräfte angesichts der Verhältnisse in Mexiko angeprangert und Michoacán als "gescheiterten Bundesstaat" bezeichnet hatte.

"Tempelritter" übernehmen die Macht

Mexiko wird seit 2006 von einem Drogenkrieg beherrscht. Auslöser war die Wahl von Felipe Calderón zum Präsidenten, der die Bekämpfung der organisierten Drogenkriminalität in Mexiko im Wahlkampf zu einem der wichtigsten Ziele seiner  Amtszeit von 2006 bis 2012 erklärt hatte. Seitdem gibt es einen offenen Konflikt zwischen Polizei und Militäreinheiten und den im Drogenhandel tätigen kriminellen Organisationen. Rund 77.000 Menschen wurden seitdem bereits getötet, tausende gelten als verschwunden. Das Heidelberger Institut für internationale Konfliktforschung bewertet den Konflikt mittlerweile als "innerstaatlichen Krieg".

Besonders prekär ist die Lage im Bundesstaat Michoacán, im Westen des Landes an der Pazifikküste, wo auch die Diözese Apatzingán von Bischof Miguel Patiño Velázquez liegt. Dort kontrolliert das Kartell der "Tempelritter" ("Caballeros Templarios") den lukrativen Drogenschmuggel, ist aber auch für Entführungen und Erpressungen verantwortlich. Es herrsche quasi Anarchie, sagt Monika Lauer-Pérez, Mexiko-Referentin beim katholischen Lateinamerikahilfswerk Adveniat. Der Staat sei nicht mehr präsent, obschon er rund 10.0000 Polizisten und Soldaten entsendet und die Bürgerwehren legalisiert hatte.

Hochburg des Drogenhandels

Michoacán zählt zu den wichtigsten Regionen des milliardenschweren Drogenhandels in Mexiko, weil dort der größte Pazifikhafen des Landes liegt. "Darüber wird fast der gesamte Außenhandel Mexikos abgewickelt", sagt Lauer-Pérez. Zudem sei die Gegend dünn besiedelt und unübersichtlich, so dass viele Labors für synthetische Drogen dort unerkannt arbeiten könnten. Immer häufiger seien Drogenbosse zum Zwecke der Geldwäsche auch in die regionalen Geschäfte verwickelt, den Abbau von Eisenerz beispielsweise. "Die Strukturen werden immer komplizierter und verfestigten sich", so die Lateinamerika-Expertin.

Gottesdienst mit schusssicherer Weste

Auch für die Kirche ist das gefährlich. Sie sei eine der letzten verbliebenen Institutionen, zu denen die Menschen Vertrauen hätten, sagt Monika Lauer-Pérez. Da die Kirche immer wieder die Verhältnisse offen anprangert, steht auch sie im Fokus der Gewalt. Medienberichten zufolge hatten Auftragsmörder versucht, den Priester Gregorio Lopez zu töten. Er hatte immer wieder in seinen Predigten die Gewalt verurteilt. Bei Gottesdiensten trägt er mittlerweile eine schusssichere Weste. "Es geht um weit mehr als um eine Person", sagt Lauer-Pérez, "Priester und Bischöfe riskieren wirklich zum Teil ihr Leben." Das mit der schusssicheren Weste sei auch ein Zeichen.

Die mexikanische Bischofskonferenz hat nun in ihrem Schreiben Politiker, die Regierung und das Innenministerium dazu aufgerufen, den Menschen in der Region ein klares Zeichen zu geben, dass man entschlossen sei, dieser "Mordmaschine" ein Ende zu setzen.


Quelle:
DR