Bischöfe zum Advent: Bischof Stephan Ackermann, Bistum Trier

"Macht hoch die Tür, die Tor macht weit."

Jeden Tag im Advent ein Bischofswort. Heute von Bischof Stephan Ackermann, Bistum Trier: Zu Beginn des 17. Jahrhunderts, mitten in den schrecklichen Wirren des 30-jährigen Krieges, hat Georg Weißel eines unserer bekanntesten Adventslieder gedichtet. "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit."

 (DR)

Der Liedtext übernimmt das Motiv der Türöffnung aus Psalm 24. In ihm bitten gläubige Menschen darum, dass sich die massiven Tore des Jerusalemer Tempels öffnen, damit Gott in dein Haus einziehen kann. "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit", das klingt reichlich nach Anstrengung, nach Arbeit. Schwere Tore lassen sich in der Regel nur mit Mühe hochziehen oder aufdrücken.

Wie viele Menschen haben den Eindruck, der Advent ist eine Zeit besonderer Anstrengung. Wir wünschen uns zwar Ruhe, Besinnlichkeit und Kerzenschein. Wir sehnen uns nach Zeiten der Stille, des Gebetes und hoffen, alle Vorbereitungen für das Weihnachtsfest rechtzeitig abzuschließen. In einem regelrechten Kraftakt, vergleichbar dem schweren Aufstoßen eines großen Hoftores, versuchen wir all diese Ziele zu erreichen. Wir eilen von Erledigung zu Erledigung, wollen vor den Weihnachtstagen die Arbeitsberge abtragen, kaufen noch das letzte benötigte Geschenk. Am Ende aber sind viele müde und enttäuscht, weil sich ihre eigentlichen Wünsche für den Advent nicht erfüllt haben.

Verfolgt man den Text des bekannten Adventliedes weiter, spürt man, dass der Blick auf die Tür noch einen anderen Sinn enthält. "Komm, oh mein Heiland Jesu Christ, meines Herzens Tür die offen ist." Die fünfte Strophe verrät uns, dass es in erster Linie auf die kleine, mitunter klemmende, schwergängige Türe des Herzens ankommt, sie muss ich öffnen. Dann kann der Herr einziehen, kann Weihnachten werden. Die wirklich neue Perspektive kommt dabei von außen, sie kommt nicht durch unser Leistungsvermögen. Der Advent wird nicht automatisch gut, weil wir ihn in gut geplanten Zeiten der Stille und des Gebetes verbringen. Er ist nicht schon allein damit missglückt, dass wir viel arbeiten und vorbereiten, denn Erlösung kann uns nur außerhalb unserer selbst geschenkt werden. Gerade deshalb bleibt der Advent eine Zeit des Wartens und des Aushaltens, aber auch die Zeit der Sehnsucht und der Hoffnung auf den Kommenden. Wir müssen unsere Spannungen und Enttäuschungen nicht wegdrängen, um künstlich Besinnung und Wohlbefinden zu erzeugen. Viel mehr gilt es, in unserer konkreten Wirklichkeit, sensibel wahr zu nehmen, wie nötig wir Jesu kommen haben. Wie sehr wir seine erlösende Gegenwart in unserem Leben brauchen. Dass sie dazu die Türe ihres Herzen weit öffnen können, ob in einer adventlichen Gebetes stille oder mitten in den Anforderungen ihres Alltags. Das ist mein Adventswunsch für Sie.



Ihr Stephan Ackermann,

Bischof von Trier"