Bischöfe legen Bericht zur Lage der Kirche in den USA vor

Sehnsucht nach Gemeinschaft

Im Rahmen der vom Papst ausgerufenen Weltsynode sollten die nationalen Bischofskonferenzen ein Stimmungsbild der Kirche in den jeweiligen Ländern erstellen. Das Papier der US-Bischöfe legt tiefe Zerwürfnisse offen.

Der christliche Glaube ist in den USA noch sehr verbreitet. / © Bogdanovich_Alexander (shutterstock)
Der christliche Glaube ist in den USA noch sehr verbreitet. / © Bogdanovich_Alexander ( shutterstock )

Das Dokument vermittelt nach Ansicht der US-amerikanischen Bischöfe einen ungeschminkten Blick auf die Seelenlage der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten. Der in der nationalen Bischofskonferenz zuständige Bischof Daniel Flores aus Brownsville in Texas nennt die Zusammenschau, die auf Eingaben von 700.000 Katholiken beruht, einen "ersten Schritt zu einer weisen Wahrnehmung - lokal, regional und national - was zu diesem Zeitpunkt unsere tiefsten Sorgen und unsere tiefsten Hoffnungen sind".

Momentane Bestandsaufnahme

Das Dokument ist Teil der von Papst Franziskus ausgerufenen Weltsynode. In einer ersten Phase sollten die nationalen Bischofskonferenzen eine Bestandsaufnahme des kirchlichen Lebens in ihren Ländern vornehmen. Ziel des bis Herbst 2023 angelegten synodalen Prozesses ist eine andere Debatten- und Beteiligungskultur in der Kirche.

Kardinal Daniel N. DiNardo, Vorsitzender der US-Bischofskonferenz / © Bob Roller (KNA)
Kardinal Daniel N. DiNardo, Vorsitzender der US-Bischofskonferenz / © Bob Roller ( KNA )

Im Vorfeld hatten die Bischöfe in den USA ihre knapp 67 Millionen katholischen Landsleute zur Teilnahme an dem Prozess aufgerufen. Die Resonanz war, wie in anderen Ländern auch, eher verhalten. Gemessen an der Gesamtzahl beteiligte sich einer von hundert US-Katholiken an Eingaben und Umfragen. Schlussendlich lagen 22.000 schriftliche Berichte vor, die in 16 überregionale Zusammenfassungen eingingen.

Diese lieferten die Grundlage für den Überblick auf Landesebene, den Bischof Flores unter dem Titel "National Synthesis of the People of God in the United States of America for the Diocesan Phase of the 2021-2023 Synod" nach Rom übermittelte.

Streit unter den Bischöfen wird nicht verschwiegen

Beschönigt wird die Lage darin nicht. Offen erwähnt das Papier Verwerfungen unter den Bischöfen. Dieser Riss war zuletzt noch einmal bei der kontroversen Diskussion über die Zulassung katholischer Politiker zum Kommunion-Empfang zutage getreten, die sich für einen freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen einsetzen.

In der Zusammenschau heißt es weiter, viele Katholiken empfänden es als "ernste Quelle eines Skandals", dass einzelne Bischöfe in offener Opposition zu Franziskus stünden. Der von Bischof Flores vorgestellte Bericht zeigt, dass viele Menschen eher etwas mit den seelsorglichen Schwerpunkten des Papstes anfangen können als mit den Prioritäten der US-Bischofskonferenz.

Papst Franziskus empfängt 2021 das Präsidium der US-Bischofskonferenz / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus empfängt 2021 das Präsidium der US-Bischofskonferenz / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Die in vier Kapitel aufgeteilte Synthese hebt prominent die "offenen Wunden" in der Kirche hervor, "die einen tiefen Hunger nach Heilung und den starken Wunsch nach Kommunion, Gemeinschaft und einem Gefühl der Zusammengehörigkeit und Einheit" offenbaren. Allen voran leiden die US-Katholiken weiter unter den Folgen des Missbrauchskandals.

"Die Sünde und das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs hat nicht nur das Vertrauen in Hierarchie und moralische Aufrichtigkeit der Kirche erodieren lassen", heißt es in der Synthese, "sondern auch eine Kultur der Furcht geschaffen, die Menschen davon abhält, sich auf Beziehungen miteinander einzulassen".

Missbrauch zerstört Glaubwürdigkeit

Zu einem Nachlassen des Gemeinschaftsgefühls und einem weiteren Schwund der Kirchgänger hätten die Pandemie-Folgen ebenso beigetragen wie die erbitterten Debatten über die Messe im traditionellen, lateinischen Ritus. Papst Franziskus hatte deren Gebrauch in den Bistümern stark eingeschränkt.

Einer der am häufigsten geäußerten Wünsche der Katholiken ist der nach einer offenen Kirche, in der sich alle Menschen begleitet fühlen. Hervorgehoben werden Frauen, Geschiedene und Katholiken, die lesbisch oder schwul sind - oder eine anderen sexuellen Minderheit angehören. Frauen forderten, in der Kirche "stärker in Führungs-, Beurteilungs- und Entscheidungsrollen" eingebunden zu werden. Sie fühlten sich regelmäßig bei Entscheidungen übergangenen.

Allgemein stellen die Katholiken in den USA Rückwirkungen "des gespaltenen politischen Klimas und der daraus resultierenden Polarisierung im Land" auf das Gemeindeleben fest. Dieses leide auch unter dem Rückzug junger Menschen, die sich in ihren Anliegen oft nicht verstanden fühlten.

Bis zum Frühjahr soll der Kontinentalbericht für ganz Nordamerika vorliegen - bevor im Oktober 2023 Bischöfe aus aller Welt über die Lage der Kirche beraten.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )