Bischöfe beenden ihre Herbstvollversammlung

Harmonie in Wiesbaden?

In Wiesbaden haben sich die deutschen katholischen Bischöfe zu ihrer Vollversammlung getroffen. Zum Abschluss der Unterredungen sprach Bischof Georg Bätzing mit der Presse. Ein Thema war das System der Entschädigung bei Missbrauch.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Die katholische Kirche in Deutschland behält das bestehende System der freiwilligen Entschädigungszahlungen für Missbrauchsopfer bei.

Bischof Georg Bätzing / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Georg Bätzing / © Harald Oppitz ( KNA )

Das geltende System der Anerkennungsleistungen sehe bereits jetzt vor, dass sich die individuellen Zahlungen "am oberen Bereich" der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zuerkannten Schmerzensgelder orientierten, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, am Donnerstag zum Abschluss der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Wiesbaden.

Wegweisendes Urteil des Landgerichts Köln

Daher finde das - Aufsehen erregende - Urteil des Landgerichts Köln bereits jetzt "in vergleichbaren Fällen Berücksichtigung im Anerkennungsverfahren". Dies gelte sowohl für neue und laufende als auch für bereits beschiedene Anträge, wenn Betroffene einen Antrag auf erneute Prüfung stellten.

In dem inzwischen rechtskräftigen Urteil hatte das Kölner Landgericht dem missbrauchten früheren Ministranten Georg Menne die bislang höchste derartige Schmerzensgeldsumme von 300.000 Euro zugesprochen.

Die Kirche hatte Menne nur 25.000 Euro in Anerkennung des Leids gezahlt.

Die Bischöfe erwarteten nun mit Blick auf das Kölner Urteil und weitere anhängige Zivilverfahren eine "deutliche Dynamisierung der Bescheidhöhen" durch die zuständige Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), sagte Bätzing. Deshalb sei die Vollversammlung Vorschlägen des Betroffenenbeirates der Bischofskonferenz nach einem "Systemwechsel" beim Entschädigungsverfahren nicht gefolgt, so der Limburger Bischof. Es gehe den Bischöfen auch darum, die Unabhängigkeit der UKA zu betonen.

Landgericht Köln / © Oliver Berg (dpa)
Landgericht Köln / © Oliver Berg ( dpa )

Vor knapp zwei Wochen hatte der Betroffenenbeirat die Bischöfe aufgefordert, das Entschädigungssystem bei der Herbstvollversammlung zu reformieren. Sie müssten Rahmenbedingungen schaffen, die Zivilklagen von Betroffenen unnötig machten. An die Stelle der bisherigen individuellen Anerkennungsprüfung solle künftig die Einordnung in drei tatorientierte Grundpauschalen durch die Unabhängige Kommission zur Anerkennung des Leids (UKA) erfolgen, so der Betroffenenbeirat.

Das Urteil im Kölner Zivilverfahren war möglich, weil das Erzbistum Köln für den strafrechtlich eigentlich verjährten Fall erstens auf die Einrede der Verjährung verzichtet und zweitens das Gericht die sogenannte Amtshaftung bejaht hatte, also eine zivilrechtliche Haftung der Diözesen für das Tun ihrer Beschäftigten.

Vier Bistümer kümmern sich um Finanzierung des Synodalen Wegs

Vier katholische Bistümer in Deutschland wollen sich um die weitere Finanzierung des kirchlichen Reformprozesses Synodaler Weg kümmern. Dies teilte Bischof Bätzing zum Abschluss der Herbstvollversammlung in Wiesbaden mit.

Hintergrund ist, dass die Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) im Juni ein Stopp-Signal gesetzt hatten.

Sie stimmten gegen die Finanzierung des geplanten Synodalen Ausschusses über den Verband der Diözesen Deutschlands.

Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner (SW)
Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner ( SW )

Vier namentlich noch nicht bekannte Bistümer wollen nun von den anderen Bistümern, die mitmachen, das nötige Geld einsammeln und verwalten. Dem Synodalen Ausschuss sollen neben den Ortsbischöfen 27 ZdK-Vertreter und weitere 20 von der Synodalversammlung gewählte Mitglieder angehören. Die erste Zusammenkunft ist für den 10. und 11.

November geplant. Der Ausschuss soll einen Synodalen Rat vorbereiten, in dem Bischöfe und Laien gemeinsam beraten und entscheiden.

Im Synodalen Weg hatten Bischöfe und Laien seit Dezember 2019 als Konsequenz aus den Missbrauchsskandalen über Reformen gesprochen. Es ging um mehr Kontrolle bischöflicher Macht, Frauenrechte und einen angemessenen Umgang mit der Vielfalt geschlechtlicher Identitäten.

Bischöfe drängen auf schnelles Gesetz zur Suizidprävention

Drei Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Suizidbeihilfe fordern die katholischen Bischöfe erneut eine Stärkung der Suizidprävention in Deutschland.

Der assistierte Suizid dürfe nicht zur gesellschaftlichen Normalität am Lebensende werden. Deshalb brauche es ein Schutzkonzept und eine gesetzliche Regelung, damit betroffene Menschen solch gravierende Schritte wirklich informiert, selbstbestimmt und ohne äußeren Druck fassen könnten, forderte Bischof Georg Bätzing weiter. Er begrüßte es, dass der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode ein Suizidpräventionsgesetz verabschieden wolle.

Notwendig sei ein Umfeld, in dem Menschen Hilfe finden könnten und der Gedanke an eine Selbsttötung in den Hintergrund trete, so Bätzing weiter. "Einer humanen Gesellschaft muss es ein Anliegen sein, eine Kultur der Lebensbejahung und gegenseitigen Fürsorge zu erhalten. Es darf auch keine Situation entstehen, in der ein älterer oder kranker Mensch oder ein Mensch in einer existenziellen Krise eher eine gute Infrastruktur der Suizidassistenz vorfindet als ausreichende und angemessene Rahmenbedingungen, um sich vertrauensvoll in Pflege zu begeben, Hilfe zu erhalten und Hilfe anzunehmen."

Tabletten auf einem Tisch / © Oleg Elkov (shutterstock)
Tabletten auf einem Tisch / © Oleg Elkov ( shutterstock )

Der Limburger Bischof forderte, niederschwellige Angebote zur Suizidprävention deutlich auszubauen. Zentral dafür seien eine qualitativ gute Pflege, insbesondere für ältere Menschen, aber auch eine stärkere, auch finanzielle Förderung der Hospizarbeit und der Palliativmedizin.

Der Limburger Bischof appellierte an den Gesetzgeber, Gesundheits-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen das Recht zu garantieren, Beihilfe zum Suizid in ihren eigenen Institutionen ablehnen zu können. Sie müssten dafür Sorge tragen können, dass ihre Bewohnerinnen und Bewohner, ihre Patientinnen und Patienten sicher sein können, hier nicht mit der Frage nach einer möglichen Annahme von Suizidassistenz konfrontiert zu werden.

Im Juli hatte der Bundestag zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidbeihilfe abgelehnt. Der Entwurf der Gruppe um die Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) wollte vor Missbrauch schützen und dazu die geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung grundsätzlich erneut unter Strafe stellen, allerdings geregelte Ausnahmen zulassen.

Der konkurrierende Entwurf einer Gruppe um die Abgeordneten Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) wollte das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und die Hilfe dazu ermöglichen. Er sah ebenfalls bestimmte Beratungspflichten und Fristen vor.

Bischöfe fordern Hilfe für Flüchtlinge in Armenien

Zur Hilfe für Armenien haben die katholischen Bischöfe in Deutschland aufgerufen. Die internationale Gemeinschaft und die EU müssten dem Land Unterstützung für die Versorgung von Vertriebenen und Geflüchteten aus der Region Berg-Karabach anbieten, forderte Bischof Georg Bätzing. Armenien müsse mit bis zu 100.000 Flüchtlingen rechnen, die meisten von ihnen seien Christen.

Bätzing zeigte sich dankbar, dass Caritas Armenien vor Ort präsent sei. Es dürfe nicht zu einer Auslöschung der Armenier und der über 1.000 Jahre alten christlichen Kultur in der Region kommen.

Internationale Verhandlungen, auch der Einsatz von Beobachtern und Friedenstruppen, seien unerlässlich. "Die Menschen in Berg-Karabach brauchen jetzt endlich Stabilität und Sicherheit, aus denen in der Zukunft hoffentlich auch Gerechtigkeit und ein versöhntes Miteinander im Kaukasus erwachsen können."

Jüsten bleibt Verbindungsmann der Bischöfe zur Hauptstadtpolitik

Karl Jüsten (62), katholischer Priester aus dem Erzbistum Köln, ist erneut zum Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe in Berlin gewählt worden. Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstag zum Abschluss der Herbstvollversammlung in Wiesbaden mit.

Karl Jüsten / © Jannis Chavakis (KNA)
Karl Jüsten / © Jannis Chavakis ( KNA )

Der gebürtige Bad Honnefer Jüsten leitet seit 2000 das Verbindungsbüro der katholischen Kirche zu Politik, Parteien und Institutionen am Regierungssitz. Jüsten ist auch Vorsitzender der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe und gemeinsam mit dem Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Vorsitzender der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung. Seit 2014 ist er Vorsitzender des Rundfunkrates der Deutschen Welle.

Bischof Bätzing gegen Abtreibung als Pflichtinhalt im Studium

Zudem hat der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, kritisch auf Pläne der Bundesregierung reagiert, Abtreibung zum verbindlichen Teil des Medizinstudiums zu machen. "Es ist der Gewissensentscheidung von Ärzten anvertraut, ob sie sich in diesem Feld engagieren oder nicht", sagte Bätzing am Donnerstag zum Abschluss der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Wiesbaden. "Ärzte haben Leben zu schützen."

Die Bischofskonferenz habe sich in Wiesbaden nicht mit dem Thema befasst, aber: "Dazu würden wir uns sicher, wenn es eine Gesetzesvorlage wird, sehr entschieden äußern."

Die Bundesregierung hatte in der vergangenen Woche auf eine Kleine Anfrage im Bundestag erklärt, mit der derzeit laufenden Reform der Approbationsordnung für Ärzte solle der sogenannte Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin für Medizinstudierende verbindlich werden. Er sehe vor, dass medizinische, rechtliche und ethische Aspekte des Schwangerschaftsabbruchs Gegenstand des klinischen Prüfungsstoffs in allen drei Abschnitten der ärztlichen Prüfung sein könnten. Bisher sind Schwangerschaftsabbrüche Teil der Facharztausbildung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.

Katholische Bischöfe warnen vor Extremismus in der AfD

Die deutschen katholischen Bischöfe warnen ferner vor einem zunehmendem Extremismus in der AfD und in der Gesellschaft. "Wir haben den Eindruck, dass extremistische Positionen immer unverhohlener öffentlich geäußert werden", erklärte Bischof Georg Bätzing in Wiesbaden. "Wir nehmen das Erstarken der Partei 'Alternative für Deutschland', die zunehmend (rechts-)extreme und demokratiefeindliche Positionen vertritt, mit großer Sorge wahr."

Zum Abschluss der Herbstvollversammlung der Bischöfe ergänzte Bätzing: "Wir Bischöfe werben dafür, dass unser Land kein alternatives Deutschland wird, das fremdenfeindlich, antieuropäisch und nationalistisch wird."

Ob AfD-Mitglieder ein kirchliches Amt übernehmen können, wird von den Bischöfen nicht einheitlich beurteilt. "Ich halte die AfD in ihrer Gänze und ihrem Programm und das christliche Menschenbild nicht für vereinbar", sagte Bätzing. "Aber es gibt sehr unterschiedliche Situationen. Und auch die AfD ist nicht überall gleich."

Der Augsburger Bischof Bertram Meier hatte kürzlich für Diskussionen gesorgt, weil er AfD-Mitglieder nicht pauschal von Ämtern in der katholischen Kirche ausschließen will. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein.

Information der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 28.09.2023 um 16.53 Uhr aktualisiert.

Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss der katholischen Bischöfe in Deutschland. Sie leiten als Ortsbischöfe eines der 27 Bistümer oder unterstützen als Weihbischöfe. Insgesamt gehören ihr derzeit 67 Mitglieder an.

Ebenfalls zur Konferenz gehören - auch wenn sie nicht Bischöfe sind - Diözesanadministratoren, die ein Bistum nach Rücktritt oder Tod eines Ortsbischofs übergangsweise verwalten.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA