Bichof Mixa wegen angeblichem Holocaust-Vergleich weiter in der Kritik - Zentralrat: Geistige Nähe zur Pius-Bruderschaft

Beschimpfungen statt Brüderlichkeit

Die Äußerungen des Augsburger Bischofs Walter Mixa zum Holocaust und zu Abtreibungen stehen weiter in der Kritik. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, forderte in der ARD eine Klarstellung. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, wirft Mixa vor, er folge dem Holocaust-Leugner Richard Williamson "auf subtileren Wegen". Kramer hatte sich erst am Wochenende bei Bundestagspräsident Lammert für seine Wortwahl entschuldigen müssen.

Bischof Mixa und Erzbischof Zollitsch (hier im Januar in Köln) (KNA)
Bischof Mixa und Erzbischof Zollitsch (hier im Januar in Köln) / ( KNA )

"Der Holocaust ist etwas Furchtbares. Und es gibt gar keine Möglichkeit, den Holocaust einfach mit anderen Elementen zu vergleichen", sagte Zollitsch am Montag im Morgenmagazin. "Wir werden über diese Frage miteinander sprechen". Mixa habe die Möglichkeit, seine Äußerung, die oft falsch verstanden worden sei, im richtigen Kontext klarzustellen.

Die "Fränkische Landeszeitung" hatte vergangene Woche unter der Überschrift "Bischof relativiert Holocaust" über Mixas Auftritt am politischen Aschermittwoch der CSU in Dinkelsbühl berichtet. Der Bischof soll die Zahl der in der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten Juden mit der geschätzten Menge der in den vergangenen drei Jahrzehnten vorgenommenen Abtreibungen verglichen haben. Das Bistum Augsburg wies den Bericht "mit Empörung" zurück. Von einer Relativierung des "grauenvollen Unrechts gegen das jüdische Volk" könne überhaupt keine Rede sein.

Angesichts des Streits um den umstrittenen Traditionalistenbischof und Holocaust-Leugner Richard Williamson betonte Zollitsch, es sei eine "unmögliche Äußerung" hinter der keiner der deutschen Bischöfe stehe. Er begrüße, dass Papst Benedikt XVI. signalisiert habe, auf die Piusbruderschaft zuzugehen, wenn diese bereit sei, das Zweite Vatikanische Konzil voll anzuerkennen und die volle Autorität des Papstes zu unterstellen. "Das ist die gemeinsame Position der deutschen Bischöfe".

Auf der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz werde er versuchen, das offene Gespräch zu ermöglichen und "zu einer noch besser nach außen verstehbaren Äußerung zu kommen".

Bistum Augsburg weist Kritik zurück
Das Bistum Augsburg wies indes erneut die Kritik des Zentralrats der Juden an Mixa als "abwegig und völlig überzogen" zurück. Das "Missverständnis eines angeblichen Vergleichs" sei überhaupt nur entstanden, weil der Bischof aus aktuellem Anlass jegliche Leugnung des Holocausts zurückgewiesen und sich mit den Juden solidarisiert habe, teilte Bistumssprecher Christoph Goldt mit. Mixa habe den Mord an mehr als sechs Millionen Juden als "entsetzliches und absolut singuläres Verbrechen" bezeichnet.

"Im weiteren Zusammenhang" habe der Bischof dann darauf hingewiesen, dass es auch in der Gegenwart Verbrechen gegen das Leben in unvorstellbarem Ausmaß gebe und dabei die Zahl von neun Millionen Abtreibungen in den vergangenen 30 Jahren in Deutschland genannt, so Goldt. Wer versuche, daraus eine antijüdische Haltung zu konstruieren, diene nicht dem brüderlichen Gespräch zwischen Juden und Christen. Der Sprecher erinnerte daran, dass sein Bischof als eine seiner ersten Amtshandlungen die jüdische Kultusgemeinde in Augsburg besucht habe. Gute Beziehungen zwischen Juden und Katholiken seien ein Herzensanliegen Mixas. Alles andere sei eine "üble Verleumdung".

Zentralrat kritisiert Mixa
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer, sieht die katholische Kirche "geradezu auf der Überholspur zurück ins Mittelalter". Kramer kritisierte in einem Gastkommentar der "Welt" erneut das Vorgehen des Vatikan gegenüber der Pius-Bruderschaft. Zudem warf er dem Augsburger Bischof Walter Mixa vor, mit einem Vergleich zwischen den Opferzahlen durch Abtreibungen und den Holocaust auf der "geistigen Linie der Pius-Bruderschaft" zu liegen. Damit folge er dem Holocaust-Leugner Richard Williamson "auf subtileren Wegen".

Mit solchem Führungspersonal, so Kramer, sei die Kirche unterwegs ins Mittelalter. Papst Benedikt XVI. müsse die Kirche von den Extremisten der Pius-Bruderschaft befreien, meint der Zentralrats-Generalsekretär. Die Bruderschaft sei in ihrem ganzen Wesen "eindeutig antidemokratisch und frauenfeindlich" und stehe in ihrem Denken den islamistischen Fundamentalisten nahe. Sie sei eine Gefahr für die freiheitlich pluralistische Gesellschaft. "Der Vatikan versucht die Diskussion auszusitzen", erklärt Kramer. Zugleich betont er, an der Ablehnung des Antisemitismus durch den Papst habe niemand je gezweifelt.

Zentralrat und Generalsekretär entschuldigen sich bei Lammert
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte sich am Wochenende um eine weitere Beilegung der Kontroverse mit Bundestagspräsident Norbert Lammert bemüht. Generalsekretär Kramer, der Lammert im Januar der Lüge bezichtigt und als "untragbaren" Parlamentspräsidenten bezeichnet hatte, entschuldigte sich brieflich für seine Wortwahl bei dem CDU-Politiker, wie der Zentralrat am Wochenende in Berlin mitteilte. Zudem distanzierte sich das Präsidium des Zentralrats in einem Schreiben an Lammert von den Äußerungen Kramers.

Kramer hatte den Parlamentspräsidenten in der Kontroverse über die Nichtteilnahme des Zentralrats am Holocaust-Gedenken des Bundestags scharf angegriffen. Das Spitzengremium der Juden in Deutschland hatte sein Fernbleiben damit begründet, dass in vergangenen Jahren Vertreter des Zentralrates bei der Gedenkveranstaltung nie persönlich begrüßt worden seien. Lammert hatte mit der Zentralrats-Präsidentin Charlotte Knobloch kurz darauf bereits telefoniert und sich um eine Klärung bemüht.

Der Zentralrat wandte sich gegen Spekulationen, den ein Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag) wecke, wonach er sich von seinem Generalsekretär distanziert habe. Es gehe nicht um eine Distanzierung von dessen Person. Kramer "genießt nach wie vor unser uneingeschränktes Vertrauen", heißt es in der Erklärung Knoblochs und ihrer Stellvertreter Salomon Korn und Dieter Graumann. Auch das Direktorium des Zentralrats habe dem Generalsekretär sein volles Vertrauen ausgesprochen.

Kramer, so heißt es weiter, habe in seinem Entschuldigungsschreiben an Lammert die Rücktrittsforderung als unverhältnismäßig bezeichnet und zurückgenommen. Sie sei der Emotionalität der Diskussion geschuldet gewesen. Zugleich habe der Generalsekretär darauf verwiesen, dass ihm das Protokoll des Bundestages mehrfach versichert habe, Lammert wäre über die Absage des Zentralrats und dessen Begründung informiert.