Betroffenenbeirat kritisiert kirchliche Zahlungen nach Missbrauch

"Entschädigung viel zu niedrig"

Kritik an der katholischen Kirche: Missbrauchsopfer verlangen ein anderes System der Entschädigung. Jetzt hat der Betroffenenbeirat bei der Bischofskonferenz die Forderung bekräftigt, es brauche endlich ein gerechtes Verfahren.

Symbolbild Entschädigungszahlung / © Ponderful Pictures (shutterstock)
Symbolbild Entschädigungszahlung / © Ponderful Pictures ( shutterstock )

Der Beirat von Missbrauchsbetroffenen bei der Deutschen Bischofskonferenz kritisiert das freiwillige kirchliche System der Entschädigung. Zwar erscheine es viel, wenn der Konferenz-Vorsitzende Georg Bätzing von bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 57 Millionen Euro spreche, erklärte der Beirat am Donnerstag in Bonn. Doch diese Entschädigungsleistungen beträfen etwa 3.000 Missbrauchsfälle und ergäben damit eine durchschnittliche Summe von etwa 19.000 Euro pro betroffener Person.

Bei Schmerzensgeldklagen von Missbrauchsbetroffenen gegen Bistümer hätten Gerichte deutlich gemacht, dass eine derartige Entschädigung viel zu niedrig sei, so der Rat. "Wir fordern die deutschen Bischöfe auf, endlich zu einem gerechten Entschädigungsverfahren zu kommen."

Sorge vor Retraumatisierungen

Dieses dürfe überdies die Betroffenen nicht über Gebühr belasten, forderte der Beirat. Wenn in Gerichtsverfahren die Kirchenanwälte "den überzeugenden Vortrag" der Betroffenen über den Missbrauch bestreiten und sie damit im Extremfall zu Glaubwürdigkeitsgutachten zwingen, sei dies zynisch. "Das ist eine enorme erneute Belastung für die Betroffenen und kann zu erheblichen Retraumatisierungen führen."

Die Bischofskonferenz hatte zum 1. Januar 2021 ihr System für Anerkennungszahlungen eingerichtet. Über die Höhe der Zahlungen befindet die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung (UKA), die sich
nach Kirchenangaben an gerichtlichen Schmerzensgeldern orientiert. Anders als bei einem Gerichtsprozess verlangt die kirchliche Kommission keine Beweise, sondern prüft nur, wie plausibel die Schilderungen von Betroffenen sind. In mehreren Fällen verpflichtete die UKA inzwischen Orden und Bistümer zu Zahlungen in sechsstelliger Höhe.

"Atmendes System"

Bischof Georg Bätzing / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Georg Bätzing / © Harald Oppitz ( KNA )

Im März hatte die Bischofskonferenz bei ihrem Frühjahrstreffen im Eifel-Kloster Steinfeld deutlich gemacht, trotz der Kritik von Betroffenen an dem System festzuhalten. Widerspruchsmöglichkeiten gegen eine UKA-Entscheigung seien nachgebessert worden, so Bätzing. Zudem gebe es Anpassungen. Das Verfahren verstehe sich als "atmendes System", das auf aktuelle Rechtsprechung reagiere.

Zwischen 2021 und 2023 sprach die UKA laut Bätzing knapp 2.250 Missbrauchsbetroffenen insgesamt fast 57 Millionen Euro zu. Ihren Bericht für das vergangene Jahr werde die UKA in den kommenden Wochen vorlegen. Die Gesamtsumme werde dann "nochmals deutlich höher sein", kündigte Bätzing an.

Missbrauchsbetroffene: Bischöfe müssen Verfahren verändern 

Missbrauchsbetroffene in der katholischen Kirche haben die katholischen Bischöfe aufgefordert, das Entschädigungssystem zu reformieren. Bei ihrer anstehenden Herbstvollversammlung müssten die Bischöfe das bestehende System dringend weiterentwickeln, heißt es in einer Erklärung des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz. Sie müssten Rahmenbedingungen schaffen, die Zivilklagen von Betroffenen unnötig machten.

Bischöfe beim Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 27. Februar in Dresden / © Dominik Wolf (KNA)
Bischöfe beim Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 27. Februar in Dresden / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
KNA