Im Musical "Himmel und Kölle" wird einem Pfarrer ganz mulmig

Bethlehem liegt rechtsrheinisch

Klüngel, Karneval, Kölsch und Kirche. Ein Musical an der Volksbühne in Köln lässt die Heiligen Drei Könige tanzen, einen schwäbischen Priester strippen und letztlich an seiner Berufung zweifeln.

Autor/in:
Annika Schmitz
Musical Himmel und Kölle (Himmel und Kölle)

Dass sich die Domstadt am Rhein gerne selbst feiert, ist kein Geheimnis. Nun hat Köln noch ein eigenes Musical bekommen: "Himmel und Kölle" aus der Feder der Autoren und Grimme-Preisträger Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob lief bereits im vergangenen Oktober an.

Wegen der Pandemie musste nach nur wenigen Abenden der Betrieb eingestellt werden. Nun feiert es an der Volksbühne am Rudolfplatz ein Comeback. Die Geschichte ist schnell erzählt: Pfarrer Elmar aus dem Schwabenland wird zu seinem eigenen Entsetzen zu seiner ersten Stelle nach Köln geschickt.

Der junge, naive und fromme Geistliche wird vom Leben in der Domstadt überrumpelt - es ist dreckig, laut, die Menschen sind ohne Berührungsängste. Gleich an seinem ersten Abend trifft er auf die Braut Kathy. Sie feiert just in dieser Nacht Junggesellinnenabschied und soll am Morgen ihren Mattes, den Fliesenverkäufer, heiraten.

Kathy braucht kichlichen Beistand

Doch Mattes liegen seine Kacheln mehr am Herzen als seine Verlobte und Kathy ist von einem anderen Mann schwanger. Pfarrer Elmar, ganz Seelsorger, will Kathy helfen - sie soll sich mit ihrem Verlobten aussprechen und am nächsten Tag die geplante Hochzeit feiern.

Auf der Suche nach Mattes begeben sich die zwei auf eine Reise durch das nächtliche Köln und begegnen dabei allerlei kuriosen Gestalten. Dabei wird der anfangs arg zugeknöpfte Geistliche zunehmend lockerer.

Köln und Kathy ziehen den Seelsorger in den Bann - um der Braut Zeit für ein paar Worte mit ihrem Verlobten zu geben, legt er in einer Kneipe gar zur Ablenkung einen Striptease hin. So kommt dann auch das Ende wenig überraschend: Am Altar gesteht der Pfarrer Kathy seine Liebe und wird selbst zum Bräutigam.

Kokettieren mit kölschen Klischees

Das Musical kokettiert vor allem mit Klischees über Köln und über die Kirche - die aber allesamt funktionieren. Die Stadt werde mit all ihren Unzulänglichkeiten, aber auch mit all ihrer Liebe "auf die Schüppe genommen", sagt der Kölner Stadtdechant Robert Kleine am Freitagabend der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

"Ich hätte mir nur ein anderes Ende gewünscht, dass er nämlich ein guter Priester bleibt - solche brauchen wir in der Kirche." Vom etwas vorhersehbaren Ende einmal abgesehen, wirft das Musical jedoch auch mit einem steten Augenzwinkern die großen Fragen des Lebens auf - nach Liebe, Schuld, Vergebung ...

"Gott ist ein wenig wie der ADAC"

Sie habe es nicht so mit Gott, gesteht Kathy dem Priester bei ihrem ersten Treffen. Das macht nichts, antwortet der ihr: "Gott ist ein wenig wie der ADAC, der kommt auch raus, wenn man nicht Mitglied ist." Und auch Elmar selbst muss seine Beziehung zu Gott, Kirche und seinem Leben neu definieren.

So wurde er bei seiner Ankunft auf der Kölner Domplatte von einer Reporterin gefragt, welche die wichtigste Stadt der Welt sei. Bethlehem, antwortet der Pfarrer ohne zu Zögern. "Irre, dat Veedel kenn ich gar nicht, is dat rechtsrheinisch?", fragt die Journalistin und lässt den Geistlichen verdutzt zurück.

Nach einer durchzechten Nacht sieht Elmar die Welt schon ganz anders: "Und ich las auch von der Hölle und fand Gottes Zorn gerecht. Doch dann zeigtest du mir Kölle, jetzt denk ich: Sünde ist nicht schlecht." 

Vor allem sind es die liebevoll gezeichneten Nebencharaktere, die dem Stück so viel Witz verleihen - ob es nun der Domschweizer ist, der im Dunkeln durch die Kathedrale huscht, oder der sächsische Taxifahrer, der ohne Punkt und Komma über die Fahrsituation auf Kölns Straßen lamentiert.

Et Moni, die Pfarrhaushälterin

Heimlicher Star jedoch ist die Pfarrhaushälterin, die sich Elmar als «et Moni» vorstellt und sämtliche Bistumsgeheimnisse zu kennen scheint. Dass ein Musical über eine Stadt ausgerechnet einen Priester in der Hauptrolle hat, mag auf den ersten Blick verwundern.

Doch im Grunde ist das Stück nicht nur eine Hommage an die Stadt Köln, sondern auch an jenen rheinischen Katholizismus, der nach dem Prinzip "leben und leben lassen" funktioniert. Und so entsteigen dann auch des Nachts die Heiligen Drei Könige singend und tanzend ihrem Schrein:

"Auch hier in Köln kennt man die Bibel sehr sehr gründlich. Aber man glaubt hier viel gesünder - unverbindlich."


Stadt- und Domdechant Msgr. Robert Kleine / © Beatrice Tomasetti (DR)
Stadt- und Domdechant Msgr. Robert Kleine / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
KNA