Bethlehem findet dieses Jahr wieder zur Weihnachtsfreude

Eine Pause im Leid

Da war er wieder, der traditionelle Soundtrack aus Trommeln, Dudelsack und Blasinstrumenten an Heiligabend in Bethlehem, der Geburtsstadt Jesu. Der Jerusalemer Patriarch Pizzaballa fand eindringliche Worte.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Kardinal Pierbattista Pizzaballa (m.r.), lateinischer Patriarch von Jerusalem, posiert mit Kindern für ein Foto bei seinem Einzug nach Bethlehem am Heiligabend, dem 24. Dezember 2025, in Bethlehem (Palästinensische Gebiete). / © Andrea Krogmann (KNA)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa (m.r.), lateinischer Patriarch von Jerusalem, posiert mit Kindern für ein Foto bei seinem Einzug nach Bethlehem am Heiligabend, dem 24. Dezember 2025, in Bethlehem (Palästinensische Gebiete). / © Andrea Krogmann ( KNA )

"Ein Weihnachten der neuen Hoffnung" stand auf dem Werbeplakat des palästinensischen Mobilfunkanbieters Jawwal, dessen Mitarbeiter am 24. Dezember in Bethlehems Altstadt froschgrüne Luftballons verteilten. Auf neue Hoffnung hofften an diesem Tag alle. Zu Tausenden versammelten sie sich seit dem Morgen in den Altstadtgassen der Geburtsstadt Jesu, um Zeuge einer Art Wiederauferstehung des alten Weihnachtscharismas zu werden.

Während zwei Jahren Krieg war der Festkalender aus Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen auf schlichte religiöse Feiern beschränkt. In diesem Jahr sei es an der Zeit, "so normal wie möglich" Weihnachten zu feiern, hatte jener Mann gefordert, auf den Muslime wie Christen an Heiligabend warteten: der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa.

Nicht weniger als 23 Pfadfindergruppen waren gekommen - insgesamt rund 4.000 Pfadfinderinnen und Pfadfinder, wie der Leiter der Terra-Sancta-Pfadfindertruppe festhielt. Ihre bunten Uniformen, mehr noch aber ihre musikalischen Darbietungen gehören zu Weihnachten in Bethlehem wie das Kind in der Krippe. Zwei Jahre lang zogen sie still mit dem Patriarchen zum Krippenplatz. In diesem Jahr aber war er wieder da, der traditionelle Soundtrack aus Trommeln, Dudelsack und Blasinstrumenten.

Nach vorne schauen

"Endlich", sagte Diana. Die junge Christin aus Bethlehem, die mit ihren Kindern am Rand der "Starstreet" auf den Patriarchen wartete, sprach aus, was viele fühlten. "So lange haben wir darauf gewartet." Es sei ein "neues Leben für Bethlehem und das gesamte Heilige Land", sagte Patriarch Pizzaballa am Rande des Einzugs. Er rief wie schon in seiner Weihnachtsbotschaft dazu auf, nach vorne zu schauen und sich nicht nur auf die weiterhin bestehenden Probleme zu konzentrieren. Es sei aber wichtig, eine Pause von all dem Leid zu haben und Weihnachten zu genießen. Nach dem schwierigen vergangenen Jahr werde auch das nächste Jahr herausfordernd sein.

Kardinal Pierbattista Pizzaballa wird am 24. Dezember 2025 in Betlehem von Gläubigen und Pilgern empfangen. / © Mamoun Wazwaz (dpa)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa wird am 24. Dezember 2025 in Betlehem von Gläubigen und Pilgern empfangen. / © Mamoun Wazwaz ( dpa )

Eine gute Stunde brauchte der italienische Franziskaner für die knapp 700 letzten Meter zum Krippenplatz. Dicht gedrängt standen die Menschen, darunter viele Christen aus dem Norden Israels, in den engen Gassen. Die Hotels, seit Monaten wegen ausbleibender Pilger und Touristen geschlossen, erreichten über die Weihnachtstage eine Belegungsquote von 80 Prozent, wie die Hotelvereinigung gegenüber Medien angab. Entlang des Zugwegs sorgten zahlreiche Segens- und Fotowünsche für erhebliche Verspätung im Prozessionsprogramm.

Hoffnung in die Welt

"Nach zwei Jahren Dunkelheit brauchen wir Licht", rief Pizzaballa vom Krippenplatz aus der Menge zu - und dass sie alle gemeinsam beschlössen, dieses Licht zu sein. "Werde Licht" hatte auch der Bürgermeister von Bethlehem, Maher Canawati, die Stadt in seiner Weihnachtsbotschaft aufgerufen. Die Rückkehr der Weihnachtsstimmung sende die hoffnungsvolle Botschaft an die Welt, dass Bethlehem eine Wiege des Friedens bleibe. Auch wenn die Probleme nicht verschwunden sind, wie Pizzaballa betonte.

Letztere machten auch vor dem Heiligen Abend nicht halt. So soll Israel den palästinensischen Vize-Präsidenten Hussein al-Scheich laut Berichten der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zunächst am Besuch in Bethlehem gehindert haben, wo er für Präsident Mahmud Abbas an der Mitternachtsmesse teilnehmen sollte. Dann intervenierten die USA, und der Gottesdienst konnte schließlich mit traditioneller Vertretung der politischen Spitze der Palästinenser stattfinden.

Sein Land bekenne sich zum Schutz der Religionsfreiheit aller, betonte unterdessen der israelische Präsident Isaac Herzog in seinen Weihnachtsgrüßen an die Christenheit. Die Feiernden ließen sich durch das politische Hin und Her nicht die Laune verderben. Auf dem Krippenplatz lauschten sie Weihnachtsliedern, in der Katharinenkirche den Gesängen und Gebeten der Mitternachtsmesse.

Weihnachten als "Akt der Widerstandsfähigkeit"

Nach zwei Jahren Krieg wieder lauter und öffentlicher zu feiern, sei ein "Akt der Widerstandsfähigkeit", schrieb Munther Isaac für den katarischen Sender Al Dschasira. Bis Sommer war der lutherische Geistliche Pfarrer in Bethlehem. Die heutige Realität in der Stadt sei nicht weit entfernt von dem, was Jesus bei seiner Geburt in einer Stadt unter militärischer Besatzung begegnet sei.

Auch das moderne Bethlehem sei von Mauern und Kontrollpunkten umgeben; viele Bewohner fühlten sich nicht nur von Jerusalem abgeschnitten, sondern "auch von der globalen christlichen Vorstellung, die die Vergangenheit Bethlehems verehrt, während sie dessen Gegenwart oft ignoriert". Das alte Bethlehem als heilige Idee zu verehren, die unbequeme Realität des modernen Bethlehem aber auszublenden, gefährde die spirituellen Wurzeln der Christenheit.

Eine Pfadfindergruppe bei der Prozession an Heiligabend, dem 24. Dezember 2025, in Bethlehem (Palästinensische Gebiete). / © Andrea Krogmann (KNA)
Eine Pfadfindergruppe bei der Prozession an Heiligabend, dem 24. Dezember 2025, in Bethlehem (Palästinensische Gebiete). / © Andrea Krogmann ( KNA )

Weihnachten in Bethlehem zu feiern, bedeute "anzuerkennen, dass Gott ein reales Land gewählt hat, das von Wunden und Erwartungen geprägt ist. Die Heiligkeit der Orte koexistiert mit noch offenen Wunden", formulierte Pizzaballa in seiner Weihnachtspredigt ganz ähnliche Gedanken. Damals wie heute prägten Dekrete, politische Entscheidungen und Machtverhältnisse die Geschichte, und das Heilige Land sei Zeuge dafür: "Die Entscheidungen der Mächtigen haben konkrete Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Menschen."

Weihnachten aber lade dazu ein, "über die Logik der Herrschaft hinauszuschauen". Seit Gott als Mensch in die "Nacht der Menschheit" eingetreten sei, sei "die Geschichte es immer wert, gelebt zu werden, denn in ihr wurde ein unbesiegbarer Same des Friedens gesät".

Die Stadt Bethlehem

Das rund zehn Kilometer südlich von Jerusalem gelegene Bethlehem ist seit 1996 Teil der autonomen Palästinensergebiete. Die knapp 30.000 Einwohner zählende Stadt ist laut den biblischen Berichten der Geburtsort Jesu. Im Zusammenhang mit der Volkszählung unter dem römischen Kaiser Augustus heißt es beim Evangelisten Lukas: "Auch Josef machte sich auf den Weg. Von Nazareth in Galiläa ging er nach Bethlehem, das in Judäa liegt. Das ist der Ort, aus dem König David stammt."

Bethlehem (epd)
Bethlehem / ( epd )
Quelle:
KNA