Vatikan lobt 100 Jahre diplomatische Beziehung mit Frankreich

Beständige Beziehungen

Der Vatikan hat die vor 100 Jahren wieder aufgenommenen diplomatischen Beziehungen mit Frankreich gewürdigt. In der Würdigung wurde gleichzeitig wurde über das Thema Religion in der französischen Öffentlichkeit gesprochen.

Autor/in:
Roland Juchem
Französische Fahne / © Rick Hawkins (shutterstock)

In einem ganzseitigen Beitrag, den die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" Anfang vergangener Woche veröffentlichte, erinnert der Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaft, Bernard Ardura, an den Austausch von Botschaftern zwischen Paris und dem Heiligen Stuhl am 17. und 21. Mai 1921. 17 Jahre zuvor waren die Beziehungen von Paris abgebrochen worden.

Gleichzeitig warnt Ardura, selber Franzose, vor einer weiteren Beschneidung von Religion in der Öffentlichkeit. "Versuche, Religionen in den privaten Bereich zu verbannen, leugnen eine konstitutive Wirklichkeit der Person und unserer Gesellschaften", so der Historiker. Zudem sei es "notwendig, die großen religiösen Traditionen wie auch die katholische Kirche zu würdigen, um die heutige Welt zu verstehen".

Diskussionen um Staat-Kirche-Verhältnis

Als Reaktion auf jüngste innerfranzösische Umfragen und Debatten zum Staat-Kirche-Verhältnis, zu Konkordat und Staatsleistungen in Elsass-Lothringen - ausgelöst durch kommunale Zuschüsse an eine Moscheegemeinde in Straßburg - sollte der Artikel jedoch nicht gelesen werden. Eher ist er ein grundsätzliches Werben des Vatikan um verlässliche diplomatische Beziehungen zum Wohl von Gesellschaft und Religion. Der aktuelle Kontext mag solchem Werben allerdings zusätzliche Bedeutung verleihen.

Tatsächlich unterbrochen waren die bisher fast 500 Jahre dauernden diplomatischen Beziehungen zwischen Vatikan und Paris laut Ardura nur von Ende Juli 1904 bis Mai 1921. Ardura lobt die allmähliche Wiederannäherung zwischen Frankreich und Vatikan nach dem Laizismus-Schock von 1905, als die Dritte Republik Napoleons Konkordat von 1801 gekündigt hatte. Dabei erinnert Ardura unter anderem an die gemeinsamen Erfahrungen von Laizisten, Gläubigen und Seelsorgern in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs. So seien schon 1912 Kontakte reaktiviert worden.

Päpstliche Botschaft wurde 1552 in Paris eröffnet

Die Selig- und Heiligsprechung von Frankreichs Nationalikone Johanna von Orleans 1909 und im Mai 1920 habe Vertreter Frankreichs und der katholischen Kirche einander angenähert. Im April 1919 habe Ministerpräsident Georges Clemenceau gemäß dem noch geltenden  Konkordat in Elsass-Lothringen die Bischöfe von Metz und Straßburg ernannt, Papst Benedikt XV. die von der Regierung getroffene Wahl ratifiziert.

Der Heilige Stuhl, so schreibt Ardura, "seinerseits schien sehr gewillt, eine gemeinsame Basis mit der Französischen Republik zu suchen". So habe Benedikt XV. dem Pariser Erzbischof, Kardinal Leon-Adolphe Amette (1850-1920), zu einer möglichen Wiederannäherung an die Regierung in Paris gesagt: "Wenn man mir den Finger ausstreckt, werde ich meine Hand öffnen. Wenn man die Hand ausstreckt, werde ich meine Arme öffnen."

Zudem verweist Ardura auf die durchaus beständigen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Frankreich. Immerhin sei die erste ständige päpstliche Botschaft 1552 in Paris eröffnet worden. Und selbst während der Französischen Revolution habe der Papst einen Interims-Nuntius in Paris gehabt.

Volle Freiheit der Kirche

Auch der damalige Regierungspolitiker Aristide Briand (1862-1932), der die Trennung von Kirche und Staat in der Republik vorantrieb, habe zugestanden, auf diese Weise erhalte die Kirche "die volle Freiheit, sich zu organisieren, zu leben, sich nach ihren eigenen Regeln und mit ihren eigenen Mitteln zu entwickeln". Dazu zählte er nicht nur Gottesdienste, Katechese und Verkündigung, sondern auch in Krankenhäusern, Gefängnissen aktiv zu sein.

Etwas pathetisch beschließt der vatikanische Chefhistoriker Ardura sein höfliches Werben mit einem Zitat des 2018 verstorbenen französischen Kurienkardinals Jean-Louis Tauran: "Man kann die Kirche vom Staat trennen, aber nicht die Kirche von der Seele des Volkes." Jüngste Umfragen in Frankreich lassen indes Taurans These eher als frommen Wunsch erscheinen.


Quelle:
KNA